: „Zeitgespür und Events“
Der Wandel und die Wirtschaftlichkeit: Eine neue Studie des B.A.T. Freizeit-Forschungsinstituts zum Verhältnis der Bevölkerung zur Kultur spielt der Hamburger Kultursenatorin in die Hände
aus Hamburg Eberhard Spohd
Der Kulturbegriff ist einem steten Wandel unterworfen. Die E-Kultur nähert sich immer mehr der U-Kultur. Kulturelle Veranstaltungen dienen heutzutage nicht mehr der Bildung, sondern sollen auch unterhalten. Wer das für trivial hält, sei gewarnt: Damit lässt sich eine grundsätzliche Perspektive argumentativ untermauern.
Das B.A.T. Freizeit-Forschungsinstitut in Hamburg hat gestern eine neue Studie vorgestellt, initiiert von der Kulturbehörde der Stadt Hamburg. Unter dem Titel Kultur im Wandel am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg hat das Team um Leiter Horst W. Opaschowski den Veränderungen der vergangenen Jahre nachgeforscht und kommt zu einigen wenig überraschenden Schlüssen. „E + U = I“ lautet beispielsweise eine griffige Formel. Die „Integrationskultur“ ersetze die vormaligen Kategorien „ernst“ und „unterhaltend“. Bei der Umfrage habe sich herausgestellt, dass Kultur heute auch „populäre Unterhaltungsangebote“ einschließe, die „Zerstreuung und Erlebnisse bieten und einfach Freude machen“.
An dieser Stelle wird schon die Crux der Studie deutlich. Der Konsument, wie Opaschowski mehrmals die Veranstaltungsbesucher bezeichnete, bestimmt den Kulturbegriff und damit auch, was zur Aufführung kommen soll. Da sind dann „Ideen, Zeitgespür, Marketing und spezielle Events gefragt“, so Opaschowski, „die Staatstheater können sich nicht mehr auf ihren Subventionen ausruhen.“
Solche Statements spielen direkt der Hamburger Kultursenatorin Dana Horáková in die Hände. Sie revanchierte sich gestern denn auch artig für die Vorlage: „Wir haben nach neuen Wegen gesucht. Die Hilfe kam so prompt und bedingungslos und auf so optimale Weise, dass ich mich bedanken muss.“ Denn die Konsequenzen der Studie decken sich prächtig mit der Ausrichtung ihrer bisherigen Arbeit. Schon lange fordert Horáková ein verstärktes Marketing. Darüber hinaus sollen Förderkriterien transperenter werden. In anderen Worten: Alle Subventionen kommen auf den Prüfstand.
Ein großer Teil der Studie kümmert sich denn auch um die wirtschaftlichen Implikationen. Das örtliche Kulturangebot beeinflusse stark die Entscheidung für die berufliche Mobilität von Managern und Führungskräften. Diese wirtschaftspolitischen Schlüsselworte deuten es schon an: Eine Stadt muss mit ihrem kulturellen Pfund wuchern. Touristen lassen viel Geld in der Stadt, und qualifizierte Arbeitskräfte entscheiden sich für Hamburg aufgrund des umfangreichen kulturellen Angebots.
Dieses Angebot wird, so ist trotz aller Beteuerungen, die Hochkultur nicht schwächen zu wollen, zu befürchten, wirtschaftlich ausgerichtet sein. Der „klar kalkulierbare Kulturbesucher“ existiere nicht mehr, man müsse sich „mehr um die jungen Erwachsenen kümmern“, denn diese Zielgruppe, sagt Horáková, „gibt das meiste Geld für Kultur aus“ und ist „die interessanteste für Sponsoren“. So kann man den Wandel des Kulturbegriffs auch auslegen.