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Archiv-Artikel

Gabba gabba paint paint

Albern altern: In der Kreuzberger Galerie Zero werden Bilder des verstorbenen Dee Dee Ramone ausgestellt

Das kann bekanntlich auch verdammt in die Hose gehen, wenn Musiker beginnen zu malen. Man denke nur, oder vielleicht besser nicht, an Udo Lindenberg. Dee Dee Ramone dagegen, 2002 an einem Chemikaliencocktail verstorbener Ramones-Bassist, hatte sich schon Mitte der 90er andere Ausdrucksmöglichkeiten als das „Onetwothreefour!“-Bühnengehopse gesucht. Und triumphierend gefunden: Dee Dee war Herausgeber eines Punk-Fanzines, verfasste zwei Bücher und malte. Über zehn seiner Bilder (so viel mehr gibt es übrigens auch gar nicht) sind jetzt in der Kreuzberger Galerie Zero zu sehen.

Was malt einer, der den Punk zumindest miterfunden und dafür gesorgt hat, dass er nicht ausstirbt? Großformatige Stoffbilder mit charmanten, comicähnlichen Motiven. Auf quietschrosa Grund prangt „The Kaiser Wilhelm Memorial Church“ samt schickem neuen und altem kaputten Turm in Sonnengelb und Schwarz; wie die Kulisse zu einem Trash-Comic auch das legendäre New Yorker Chelsea Hotel, zu erkennen an der Leuchtreklame. Eine Warhol-Suppendose hat er ebenfalls abgepinnt, sich selbst malt er im „Self Portrait 2002“ auf strahlendem Gelb als Grinsegesicht mit Skorpionen auf dem schwarzen Oberkörper, braunem Haarhelm und – selbstverständlich – Jeanshose.

Eine familienfreundliche Sache. Denn der herausfordernd naive Appeal der Werke, ihre clevere Großmäuligkeit spielt mit den Elementen, mit denen auch Punk und seine Ästhetik immer gespielt haben, mit Graffiti, Zeichentrick und Comic Strip.

Ein paar Arbeiten sind zusammen mit Paul Kostabi entstanden: quadratisch, aus Strichmännchen, Gesichtern und Schrift bestehend, bis in die Ecken voll gekritzelt. Voller Lust auf Albernheit. Als ob ein erwachsener Mann gut gelaunt auf seine Punk-Vergangenheit zurückschaut, dabei unbekümmert Symbole, Erinnerungen und Effekte durcheinander mixt und das mit einer „What the hell“-Attitude auf eine Leinwand schmeißt.

Der dritte Künstler, dessen Bilder die umtriebigen GaleristInnen ausstellen, ist ebenfalls Quereinsteiger mit Punkband-Vergangenheit: Joseph B. Raimond. Er malt „Tony Blair’s Soul“, die natürlich nicht rein ist, Strichmännchen in Mischtechnik, Sechslinge (die aussehen wie sechs Spiegeleier) und „Lucy in the sky with potatoes“, ein lächelndes, rothaariges Gespenst, das eine Riesenkartoffel wiegt.

Dagegen kann man beim besten Willen nichts haben. Der Galerie ist zu wünschen, dass die türkische Neighbourhood das diesmal ähnlich sieht: Die letzte Ausstellung, provokante nackte und halb nackte Mädel- und Knabenfotos von Diana Scheunemann, erregte die Gemüter der Anwohner so sehr, dass sie samt schreiender Kinder gegen die angeblichen Ferkelbilder Sturm liefen. Man bedrohte die GaleristInnen so lange, bis die die Schaufenster verhängten – skandalöse Geschmackszensur unter dem billigen Vorwand des Kinderschutzes. Bei Dee Dee Ramone können die angeblichen MoralhüterInnen aus der Nachbarschaft oberflächlich gesehen nichts monieren. Der alte Drogenpunk taugt schließlich hervorragend als moralisches Vorbild. JENNI ZYLKA

Bis 29. 11., Mo.–Fr. 12–18 Uhr, Sa. 12–20 Uhr, Galerie Zero, Köpenicker Str. 4