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Archiv-Artikel

Die Henne soll im Käfig bleiben

Die Bundesländer wollen das Verbot von Legebatterien kippen. Deshalb appelliert Agrarministerin Renate Künast jetzt an den Verbraucher: „Boykottiert das Käfig-Ei“

BERLIN taz ■ Viele der deutschen Legehennen bleiben weiterhin in winzige Käfige eingepfercht: Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) scheiterte mit ihrer Legehennen-Verordnung am Widerstand der Bundesländer. Eine Mehrheit der Länder einigte sich im Agrarausschuss des Bundesrates darauf, das bereits in Kraft getretene stufenweise Verbot von Legebatterien zu unterlaufen.

Die Legehennenverordnung trat im März 2002 in Kraft. Sie sah vor, die in Deutschland bisher üblichen Käfigbatterien bis zum Jahr 2007 schrittweise abzuschaffen. Neu gebaute Ställe sollten mindestens zwei Meter hoch und zwei mal 1,5 Meter breit sein – Nester, Sitzstangen und Streugut inklusive. Zudem sollten die Eierlieferantinnen doppelt so viel Bewegungsfreiheit bekommen wie bisher: statt der üblichen 550 Quadratzentimeter – weniger als ein DIN-A4-Blatt – jetzt 1.100 Quadratzentimeter Sitzfläche. Bereits bestehende Ställe sollten die geforderten Standards bis spätestens 2007 umsetzen. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 1999 die Käfighaltung von Legehennen untersagt.

Doch jetzt der Rückzieher: 14 der 16 Bundesländer fordern eine Verlängerung der Umsetzungsfrist bis zum Jahr 2010 – und lehnen sich damit an die entsprechende EU-Richtlinie an, die das Verbot von Käfigbatterien erst für das Jahr 2012 vorsieht. Auch bei der Bewegungsfreiheit soll sich Deutschland künftig an internationalen Vorgaben orientieren und jeder Henne lediglich 750 Quadratzentimeter zugestehen. Nur die rot-grün regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wollen am 28. November im Bundesrat, wenn die Hennen-Verordnung erneut zur Abstimmung steht, an der bereits bestehenden Regelung festhalten.

Die ist ohnehin heftig umstritten: Der Bauernbund verweist schon seit langem auf eine höhere Sterbe- und Krankheitsrate von Hennen in Freilandhaltung. Die Tier- und Verbraucherschutzverbände hingegen warnten gestern vor einem „Rückschritt in das Neandertal der landwirtschaftlichen Tierhaltung“, sollten die geltenden Bestimmungen wieder aufgehoben werden.

Agrarministerin Renate Künast steht nun vor der Wahl: Hühner oder Schweine. Denn der Bundesrat droht, die Neuregelung zur Schweinehaltung, wie es die EU-Kommission vorschreibt, zu boykottieren, wenn Künast die Legehennen nicht in ihre Schranken weist. Und das würde ein Strafverfahren aus Brüssel nach sich ziehen. Nun gibt Künast den Ball weiter an die Verbraucher: Sie ruft ihrerseits zum Boykott auf und fordert, künftig keine „Eier aus Käfighaltung“ zu kaufen. Ab 2004 müssen Eier und Verpackungen entsprechend gekennzeichnet sein. Was einfacher sein wird, als man denkt: Aldi, Unilever und die Deutsche Bahn AG haben angekündigt, ab 1. Januar 2004 Käfigeier aus ihrem Sortiment zu nehmen. BETTINA GARTNER

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