: Ruhrgas gibt EU-Kommission nach
Der Essener Gaskonzern bewirbt sein Leitungsnetz als kundenfreundlich – dabei setzt er nur EU-Auflagen um
ESSEN taz ■ Das Essener Gasunternehmen Ruhrgas feiert sich für die Liberalisierung des Zugangs zu den eigenen Leitungen. Durch eine Verbesserung der Flexibilität beim Netz-Zugang werde die Nutzung des Ruhrgas-Netzes ab Anfang dieses Monats weiter erleichtert, teilt das Unternehmen mit.
Neu am System ist, dass Kunden, die eine bestimmte Kapazität gebucht haben, diese auch zu einem späteren Zeitpunkt dem Pipeline-System entnehmen können. „Für unsere Kunden bedeutet das eine höhere Flexibilität“, sagt Ruhrgas-Sprecherin Astrid Zimmermann. Das neue System teilt das Ruhrgas-Netz in fünf Zonen ein, für die unterschiedliche Entgelte bezahlt werden müssen. Das Netz des Versorgers ist insgesamt 11.233 Kilometer lang und reicht hufeisenförmig von Berlin über den Nordseeraum durch das Ruhrgebiet nach Süddeutschland bis zur tschechischen Grenze. Bisher zahlten Gaslieferanten ohne eigenes Netz nur nach Entfernung.
Nun öffnet der Essener Gasriese sein Netz nicht aus Begeisterung für einen freien Gasmarkt. Denn in Verhandlungen mit der EU-Kommission musste Ruhrgas den europäischen Wettbewerbshütern Zugeständnisse einräumen. Hintergrund ist das so genannte „Marathon-Verfahren“. Im Verfahren ging es um die mutmaßliche Weigerung der Ruhrgas, der norwegischen Tochtergesellschaft des US-amerikanischen Marathon-Unternehmens in den 90er Jahren Zugang zu ihren Leitungsnetzen zu gewähren. Mit den Zusagen des Essener Unternehmens schloss die Wettbewerbskommission der EU die Untersuchung über die Behinderung des Wettbewerbs ab.
„Wir gehen über die Verpflichtungen hinaus, die Eon Ruhrgas zur Einigung mit der EU-Kommission im Marathon-Verfahren übernommen hat“, sagte Burckhard Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Ruhrgas. Die Kommission benennt die Einhaltung der Verordnungen anders. „Die Verpflichtungen sind nicht als Maximalstandard zu sehen“ schreibt die Kommission in ihrem Abschlussbericht zum Untersuchungsverfahren.
Dennoch werden die Verordnungen der Europäischen Kommission zu mehr Wettbewerb auch in anderen Erdgasleitungen führen. Denn die Wettbewerbshüter haben das Unternehmen dazu verpflichten können, die Angebote auch über die eigenen Netze hinaus, anzubieten. Zudem ist Ruhrgas nicht Vorreiter in Sachen Liberalisierung des Gasmarktes. Die Niedersächsische Firma BEB, die in Nordrhein-Westfalen die Regionen Bielefeld und Paderborn mit ihrem Pipeline-Netz mit Gas versorgt, praktiziert den liberalisierten Netzzugang seit Sommer dieses Jahres und wird dafür von Experten, die sich mit der Liberalisierung des Gas- und Pipeline-Marktes befassen, gelobt.
Für den Ruhrgas-Konkurrenten Wingas hat die Einführung des neuen Systems erst einmal keine signifikanten Vorteile bei der Gas-Durchleitung. „Wir müssen erstmal prüfen, ob uns das neue System bei der Durchleitung etwas bringt“, sagt Stefan Leunig, Sprecher des Unternehmens. ELMAR KOK