: Köln darf bei Kaplans kassieren
Die Stadt darf von der Familie des „Kalifen“ Kaplan 170.000 Euro Sozialhilfe zurückfordern. Das Verwaltungsgericht ist überzeugt, dass die Familie Zugriff auf das Vermögen des „Kalifatstaats“ hatte
Von Frank Überall
Metin Kaplan und seine Familie haben jahrelang zu Unrecht Sozialhilfe kassiert. Mit dieser Ansicht konnte sich die Stadt Köln gestern vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen. Überraschend deutlich sagte der Vorsitzende Richter Günter Reuter, die Stadt habe richtig gehandelt, als sie rund 170.000 Euro von der Familie zurück forderte. Ob das Geld jemals in die Stadtkasse fließen wird, ist aber völlig unklar.
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand die Frage, ob Metin Kaplan, der inzwischen in die Türkei abgeschoben wurde, und seine Familie Zugriff auf das Geld des inzwischen verbotenen Vereins „Kalifatstaat“ hatten. Bei einer Razzia im Jahr 1998 hatten die Fahnder in der Nippeser Zentrale nicht nur Bargeld in Millionenhöhe, sondern auch Gold und Schmuck gefunden. Der Generalbundesanwalt schrieb der Stadt Köln, sie möge doch einmal die Bedürftigkeit ihres Sozialklienten Kaplan überprüfen.
Das geschah – doch die Prüfungen zogen und zogen sich hin. Erst vor drei Jahren flatterte der Familie ein Rückforderungsbescheid auf den Tisch. Rückwirkend bis 1988 sollten zu Unrecht gezahlte Sozialleistungen erstattet werden. Zu diesem Zeitpunkt war freilich längst kein Geld mehr da. Denn die Schätze hatten sich die verschiedenen Behörden untereinander aufgeteilt. Auch die Stadt Köln profitierte davon – denn der Kalifatstaat war ihr Gewerbesteuer und Grundbesitzabgaben schuldig.
„Nach Überzeugung der Kammer war die Familie von Metin Kaplan sozialhilferechtlich nicht bedürftig“, begründete Richter Reuter sein Urteil: „Der Kaplan-Verband mit seinen verschiedenen Unter- und Teilorganisationen hat aus seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erhebliche Einkünfte erzielt. Es ist davon auszugehen, dass die Familie zu dem Geld auch für private Zwecke Zugang hatte.“ Völliger Unsinn, meinte Kaplans Verteidiger. Mit dem islamischen Glauben sei ein solches Handeln gar nicht vereinbar. Das Geld, das der religiösen Organisation gehörte, könne nicht einfach für eigene Zwecke verbraucht werden. Eine Vermischung zwischen dem (nicht vorhandenen) Privatvermögen Kaplans und dem Eigentum des Vereins habe es auch nie gegeben.
Tatsächlich waren die Angaben der Ankläger, wo die Gelder und Wertsachen bei der Razzia damals gefunden wurden, verwirrend. Letztlich schloss sich das Gericht aber der Ansicht an, sie seien Kaplan zuzuordnen gewesen. Gegen die Entscheidung der Kölner Richter will der Anwalt nun eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen.