Luftangriffe in der Elfenbeinküste

Nach dem Zusammenbruch des Friedensprozesses in dem westafrikanischen Land bricht der Bürgerkrieg wieder aus. Regierungsstreitkräfte von Präsident Gbagbo bombardieren Rebellenhauptstadt Bouaké. Frankreichs Eingreiftruppe passiv

VON DOMINIC JOHNSON

Der Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste ist neu entbrannt. Die Luftwaffe der Regierung von Präsident Laurent Gbagbo flog gestern früh Bombenangriffe auf Bouaké, mit 600.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes und Hauptstadt der nordivorischen Rebellen. Die Militärflugzeuge starteten in der ivorischen Hauptstadt Yamoussoukro südlich von Bouaké auf der anderen Seite der Waffenstillstandslinie im Regierungsgebiet. Ein Sprecher der französischen Eingreiftruppe, die zwischen den beiden Städten eine Pufferzone kontrolliert, bestätigte die Angriffe und sagte, eine Rebellenbasis sei das Ziel gewesen. Über Opfer war zunächst nichts bekannt. Korrespondenten berichteten über Panik in den Straßen Bouakés.

„Der Krieg hat wieder begonnen“, sagte in Bouaké Rebellenkommandant Cherif Ousmane. Ein Oberst der Regierungsarmee, Philippe Mangou, kündigte an: „Wir werden unser Staatsgebiet zurückerobern und die Elfenbeinküste wiedervereinigen“.

Seit September 2002 ist die Nordhälfte der Elfenbeinküste unter Kontrolle von Rebellen, die gegen das Regime von Präsident Laurent Gbagbo kämpfen. Ein Friedensprozess, der 2005 zu freien Wahlen führen soll, ist jüngst zusammengebrochen: Im September verhinderte Gbagbos Partei FPI (Ivorische Volksfront), dass das Parlament eine Reihe von politischen Reformen verabschiedet. Mitte Oktober sagten daraufhin die Rebellen ihre Demobilisierung ab. In der zweiten Oktoberhälfte traten nacheinander die FPI und die Rebellen aus der Allparteienregierung der Elfenbeinküste aus, die ohnehin kaum reale Macht ausübt. Die FPI forderte eine Wiederaufnahme des Krieges, notfalls unter Einsatz der Gbagbo-treuen „patriotischen“ Milizen im Südteil der Elfenbeinküste, und kündigte für den 12. November einen „Marsch auf Bouaké“ an.

Nun setzen sich die Gbagbo-Hardliner durch. Die neue Offensive ist gut koordiniert: Gestern früh legten Saboteure in Abidjan, Sitz der Gbagbo-Regierung, die UKW-Übertragung der ausländischen Rundfunksender BBC, RFI und Africa No. 1 lahm, die einzigen neutralen Informationsquellen der meisten Ivorer. Das Armeehauptquartier in Abidjan ist völlig abgeriegelt.

Besonders angespannt ist die Lage im Westen des Landes Richtung Liberia. Zeitungsberichten zufolge sind zahlreiche Überlandstraßen von Soldaten und Milizionären gesperrt. In der Heimatregion des Präsidenten soll die FPI gegen Angehörige ortsfremder Ethnien Versammlungs- und sogar Aufenthaltsverbote verhängt haben.

Ob es zu einer Bodenoffensive gegen die Rebellen kommen kann, ist unklar. Insgesamt 10.000 französische Soldaten und UN-Blauhelme sichern die Waffenstillstandslinie zwischen beiden Landesteilen. Doch Ivorer trauen den Eingreiftruppen wenig zu. Die Abidjaner Zeitung 24 Heures zitierte gestern den Vizesprecher der französischen Truppen: „Die Elfenbeinküste ist ein souveränes Land und daher haben wir uns nicht dem zu widersetzen, was hier geschieht.“