: Integrationsrat: Türkische Liste kritisiert Stadt
Die Wahlen zum Integrationsrat wurden eröffnet, bevor die kandidierenden Listen Wahlkampf machen konnten, klagt die „Liste der Demokraten in Köln“ (LDK). Sie fürchtet deshalb negative Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung
KÖLN taz ■ „Das war ein absoluter Fehler der Stadtverwaltung“, kritisiert Tayfun Keltek die Organisation der Wahlen zum Integrationsrat in Köln. Der Spitzenkandidat der türkischen Liste „Liste der Demokraten in Köln“ (LDK) ist verärgert, weil die Stadt seiner Ansicht nach die Wahlunterlagen viel zu früh verschickt hat.
Die Stadtverwaltung hatte die Stimmzettel plus Informationen zur Wahl nur wenige Tage nach der letzten Wahlausschusssitzung am 21. Oktober an die Wähler versandt. Damit war die Wahl de facto eröffnet, denn abgestimmt wird ausschließlich per Briefwahl. Bis 21. November können die Wähler ihren Stimmzettel noch zurückschicken. Zeit für den Wahlkampf hätte es deswegen nicht gegeben, klagt Tayfun Keltek. „Viele haben die Briefwahlunterlagen, die ausschließlich auf deutsch waren, als Werbung angesehen und weggeworfen“, befürchtet er.
In Nordrhein-Westfalen hatte es in verschiedenen Städten bei Wahlen zum neuen Integrationsrat eine deutlich höhere Wahlbeteiligung gegeben als früher bei den Wahlen zum Ausländerbeirat. In Wesel stieg die Beteiligung von 17,5 auf 24 Prozent an. Grund dafür dürften die zusätzlichen Kompetenzen sein, die die neuen Integrationsräte haben. Das neue Gremium entscheidet erstmals eigenständig, wie es seine Haushaltsmittel verwendet. Außerdem darf der Integrationsrat eigenständig Öffentlichkeitsarbeit machen. Politisch ist das in Köln im Februar beschlossene neue Vertretungsorgan der Migranten auch deshalb aufgewertet, weil im Integrationsrat elf vom Rat gewählte Mitglieder sitzen und mit abstimmen dürfen.
Aber auch das veränderte Wahlverfahren könnte zu einer höheren Wahlbeteiligung beitragen. Mussten die Migranten früher in Wahllokale gehen, können sie heute ihre Stimme ausschließlich per Brief abgeben. Neben ausländischen Staatsangehörigen sind auch erstmals eingebürgerte Migranten, die sich in Wählerlisten eingetragen haben, wahlberechtigt.
Bei den letzten Wahlen zum Ausländerbeirat hatten in Köln 1999 gerade einmal 10,6 Prozent ihre Stimme abgegeben. Tayfun Keltek, der stellvertretender Vorsitzende des Kölner Ausländerbeirates ist, befürchtet durch die Panne der Kölner Verwaltung eine geringere Steigerung der Wahlbeteiligung. „Es werden vielleicht 15 Prozent sein“, schätzt der LDK-Mann. Seit über 15 Jahren ist Tayfun Keltek aktiv in der Integrationsarbeit tätig. Als Landesvorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen Migrantenvertretungen (LAGA) kämpfte er für die neuen Integrationsräte als Nachfolge der politisch eher machtlosen Ausländerbeiräte.
Gemeinsam mit seinen Mitstreitern von der LDK will Keltek die Kindergartensituation für Migrantenkinder verbessern, indem dort die Sprachkompetenz gefördert wird. Die Elternarbeit an den Kölner Schulen soll verbessert werden. „Auch die Eltern von Migrantenkindern haben ein sehr großes Interesse an der Schule“, erklärt Keltek. Man erreiche sie aber besser mit einem Anruf als per Brief. Außerdem soll es mehr zweisprachige Schulen geben. Die LDK setzt sich für ein kommunales Wahlrecht aller Ausländer ein und will mehr Geld für die 46 interkulturellen Zentren in der Stadt. „Wir wollen auch, dass sich die Lebensbedingungen für Asylbewerber und Flüchtlinge verbessert“, fordert Keltek. Schließlich stehen der Bau einer repräsentative Moschee und die Errichtung eines islamischen Friedhofs aufd em Programm seiner Liste.
Thomas Spolert