: Schüler kriegen mal andere Optik
Es ist die hundertste Partnerschaft dieser Art: Die Fritz-Karsen-Schule arbeitet mit dem Unternehmen Berliner Glas zusammen, um Schüler an die Arbeitswelt zu gewöhnen. Auch die Firma profitiert: Dumme Azubis können nachsitzen
Es ist der 100. Vertrag seiner Art. Die Fritz-Karsen-Schule, älteste Gesamtschule Deutschlands, und das Unternehmen Berliner Glas sind seit gestern Kooperationspartner. Ziel des Partnerschaftsvertrages ist es, die Schüler bereits frühzeitig mit den Anforderungen des Arbeitslebens zu konfrontieren und praktische Einblicke in den Betrieb zu ermöglichen .
An erster Stelle stehen dabei mehrwöchige Praktika und Betriebsführungen im Rahmen des Unterrichts, aber auch Bewerbungstraining oder die Vorstellung von Ausbildungsmöglichkeiten durch den Partnerbetrieb. Im Gegenzug öffnen auch die Schulen ihre Türen und bieten beispielsweise Nachhilfe für Azubis an. Aber auch an kulturelle Beiträge der Schüler bei Betriebsfesten oder Schulberatung für Eltern im Betrieb ist gedacht. Auch für die zahlreichen Schülerfirmen ergeben sich oft neue Kooperationsmöglichkeiten.
„Die Gesamtschule ist für uns ein idealer Partner“, betont Gregor Grundhöfer, Leiter der Personalabteilung bei Berliner Glas. Die Firma stellt etwa technische Gläser her und elektrooptische Spezialgeräte, die in der Telekommunikationstechnik verwendet werden. Das Unternehmen hat durch die Zusammenarbeit die Möglichkeit, über Praktika früh in Kontakt mit möglichen Auszubildenden zu kommen, so Grundhöfer. Die Firma bietet Stellen für Haupt-, Realschüler und Abiturienten an.
Auch Schulleiter Lothar Sack freut sich über die Kooperation: „Sie ermöglicht den Schülern einen unkomplizierten Zugang zur Arbeitspraxis, und noch dazu liegt sie sehr nah an unserer Schule“, so Sack. „Die Schüler können so sehen, wie Wirtschaftsleben funktioniert.“ Er sieht dabei für die Schüler vor allen Dingen positive Effekte, die sich dann auch im normalen Schulalltag bemerkbar machen. „Bei vielen wird so die Ernsthaftigkeit geschärft“, stellt der Pädagoge fest. Und betont, dass es ja heute als Schüler viel schwerer sei, überhaupt einen Praktikumsplatz zu kriegen, als noch vor einigen Jahren. So eine Partnerschaft kann den entscheidenden Kontakt liefern.
Für die Fritz-Karsen-Schule, die erst kürzlich den Mete-Ekși-Preis für vorbildliche Integration und Umgang mit Migranten bekommen hat, ist es bereits die zweite Kooperation im Rahmen des IHK-Programms „Partnerschaft Schule-Betrieb“. Seit Dezember 2002 arbeitet die Schule mit der Gasag zusammen.
Aufgelegt wurde das Programm vor vier Jahren und bisher habe man gute Erfahrungen damit gemacht, sagt Heike Pfaff, die bei der IHK Berlin für den Bereich Bildungspolitik zuständig ist. Rund 70 Schulen haben mit über 100 Betrieben aller Größenordnungen Verträge abgeschlossen und weitere werden in den nächsten Monaten folgen. Vor allem geht es nach Angaben der IHK darum, den Praxisschock zu verringern und die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen zu erhöhen. Pfaff: „Da geht es nicht nur um Bewerbungen und Zeugnisse, sondern auch um Werte wie Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit, Höflichkeit und allgemeine Umgangsformen.“
Sie selbst erlebt, gerade nach den eher ernüchternden Ergebnisse der Pisa-Studie, Aufgeschlossenheit und ein großes Bewusstsein bei vielen Schulen – quer durch alle Schulformen und Bezirke. Auch die Lehrer kommen dabei nicht zu kurz, auch sie sollen in Kurzpraktika mit den Anforderungen der Betriebe vertraut gemacht werden, haben doch viele niemals selbst in der freien Wirtschaft arbeiten müssen. TORBEN IBS