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Archiv-Artikel

Die Opernreform wird immer bühnenreifer

Kultursenator im Chaos: Erst will Fülle nicht mehr Direktor der Opernstiftung werden. Dann wirft auch Schindhelm hin

Steht Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) bei Besetzung des neuen Generaldirektors für die Opernstiftung kurz vor einer Katastrophe? Möglicherweise. Jedenfalls kann man den Eindruck nicht ganz vom Tisch wischen, dass Flierl Wind von vorn hat. Und zwar als steife Brise. Flierls Vorschläge zur Kandidatenauswahl für den neuen Opern-Stiftungsrat lösen sich langsam in Luft auf. Zugleich wird dem Senator vorgeworfen, mit seinem Vorgehen die Stadt sowie die Opernstiftung zu beschädigen.

Doch der Reihe nach: Gestern hat der Geschäftsführer der Bühnen in Frankfurt am Main, Bernd Fülle, seine Bewerbung um das Direktorenamt zurückgezogen. Den Senator hätte dies eigentlich freuen können, war Fülle doch nie sein erklärter Favorit als zukünftiger „Oberaufseher“ und Manager der drei Häuser Staatsoper, Deutsche Oper und Komische Oper. Flierls Kandidat ist Michael Schindhelm, der Theaterintendant in Basel.

Schwierigkeiten hat der Kultursenator nun darum, weil Fülle ihm zugleich mit der Absage vorwirft, „Methoden der Entscheidungsvorbereitung zur Besetzung der Stelle“ angewandt zu haben, die an die bekannten „Methoden der Stasi“ erinnerten.

Fülle bezieht sich in seiner Absage auf einen Artikel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom Montag. Darin wird Flierl vorgehalten, er habe auf der Suche nach einem Generaldirektor „Kundschafter“ ausgesandt, „um einen ihm unliebsamen Kandidaten“ – nämlich Fülle – „zu desavouieren“. So sei der Feuilletonchef des Tagesspiegels, Peter von Becker, vom Senator zu einem Gespräch mit Fülle gelotst worden. Danach habe Flierl den Journalisten regelrecht abgeschöpft – wohl in der Absicht, Argumente für Fülles Unfähigkeiten zu erhalten, so der Spiegel – und um gleichzeitig den Ostler Schindhelm besser durchdrücken zu können.

Flierl musste sich am Dienstag im Senatskabinett vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ärgerliche Fragen zu dem Vorgang gefallen lassen. Die CDU-Opposition forderte Wowereit auf, in den Fall einzugreifen. Ansonsten werde „ein Halten im Amt eine Zumutung sein nicht nur für Berlin, sondern auch für die Kunstszene“, sagte Uwe Goetze, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. „Ein Senator, der seine parteipolitisch motivierte Besetzung eines wichtigen Amtes in dieser Art vorbereitet, disqualifiziert sich selbst.“

Flierl selbst hält indessen daran fest, dass es nicht nur „legitim, sondern auch richtig und geboten ist“, dass er als Vorsitzender des Stiftungsrates bei einer so wichtigen Personalentscheidung „Rat und Meinungen nicht nur im politischen Raum“ einhole. Von Konspiration könne überhaupt keine Rede sein.

Von schlechtem Stil und der Diskreditierung des Verfahrens aber schon. So sieht es jetzt wohl auch der zweite Kandidat. Nach letzten Informationen will Schindhelm sich ebenfalls von der Bewerbung zurückziehen. „Geht der politische Krieg weiter, muss ich über entsprechende Konsequenzen nachdenken.“

Flierl vielleicht auch.

ROLF LAUTENSCHLÄGER