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Archiv-Artikel

Mitbestimmung bleibt unter Beschuss

Industrie- und Arbeitgeberverbände legen gemeinsames Konzept vor. Kritik von Kanzler und Gewerkschaften

BERLIN rtr/dpa/ap ■ Wenig Überraschung, aber viel Unmut: Das ist die Reaktion von Gewerkschaften und SPD auf den erneuten Vorstoß der Spitzenverbände der Wirtschaft, die Mitbestimmung einzuschränken. „Mit mir nicht“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Frank Bsirske, Chef der Gewerkschaft Ver.di, von einem „Rückfall in die 50er-Jahre“, IG-Metall-VizeBerthold Huber von „systematischer Ausgrenzung“.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hatten am Dienstag ein gemeinsames Papier vorgelegt, nach dem gesetzliche Regelungen künftig nur noch gelten sollen, wenn sich Management und Beschäftigte nicht einigen können. Dabei stellen sie mit der so genannten paritätischen Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat und der betrieblichen Mitbestimmung zwei wichtige demokratische Errungenschaften zur Disposition. Anlass ist die anstehende Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft: Da ausländische Firmen keine entsprechende Beteiligung von Arbeitnehmern an der Kontrolle des Vorstands kennen, ist eine Anpassung der unterschiedlichen Standards notwendig.

Konkret wäre die Mitbestimmung nach diesem Konzept künftig von dem Verhandlungsgeschick – oder der Macht – von Firmen- und Arbeitnehmervertretern abhängig: Sie könnten sich für eine Parität im Aufsichtsrat, ein Verhältnis von zwei Kapitalstimmen zu einer Arbeitnehmerstimme oder für ein Konsultationsgremium außerhalb des Aufsichtsrates entscheiden. Die gesetzliche Auffanglösung wäre eine Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat soll nach den Vorstellungen der Wirtschaft nur eingerichtet werden, wenn mindestens ein Drittel der Beschäftigten mitwählt.

Das Papier soll in der nächsten Woche auf der Jahrestagung der Arbeitgeber diskutiert werden. Die Gewerkschaften wollen an dem Tag protestieren.