: Ohne Schirm
Vormünder von Flüchtlingskindern protestieren im Rathaus: Sozialbehörde will Hilfsprojekt abwickeln
Im Rathaus bot sich gestern ein seltenes Bild: Am Nachmittag suchte eine Gruppe aus zehn Frauen und Männer die Bürgersprechstunde auf und überreichte dem dortigen Vertreter des Bürgermeisters Dutzende Regenschirme. „Auf diesem Weg haben wir Ole von Beust seine Schutzschirme zurückgegeben“, erklärte Doris Tammen den symbolischen Akt. Tammen und ihre Begleiter sind Privatvormünder für Flüchtlingskinder in einem Projekt des Kinderschutzbundes, dessen Schirmherrschaft der CDU-Bürgermeister im vergangenen Jahr antrat. Jetzt hat der Senat angekündigt, die städtischen Zuwendungen für das Flüchtlingsprojekt zu streichen.
Mehr als zwanzig Kinder, die ohne ihre Eltern hierher geflohen sind, vermittelt der Kinderschutzbund jährlich an Privatvormünder. Weil diese anders als Amtsvormünder keine Massen betreuen, können die Mündel zu ihnen persönliche Bindungen aufbauen, sagt Vormund Tammen. Sie selbst betreue einen Jungen aus Liberia, der aus dem Bürgerkriegsland vor Rekrutierung floh. „Solche Kinder gibt es viele“, weiß Tammen.
„Der Bedarf für unser Projekt ist da“, sagt auch Manfred Gutke vom Kinderschutzbund. Ihre Mittelstreichungen begründet die Sozialbehörde mit sinkenden Flüchtlingszahlen – ein Argument, das vor Gutke nicht standhält. Er verweist auf die Hamburger Praxis des Ältermachens, bei dem die Ausländerbehörde die Kinder in Augenschein nimmt und rotinemäßig als erwachsen deklariert. „Die Flüchtlingsstatistik“, so Gutke „ergibt deshalb ein falsches Bild.“ EVA WEIKERT