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Archiv-Artikel

Die Tragödie geht weiter

Kultursenator Thomas Flierl (PDS) räumt Fehler bei der Chefsuche für die Opernstiftung ein. Bei seiner Stellungnahme im Parlament rührt sich beim Koalitionspartner SPD fast keine Hand zum Applaus

VON STEFAN ALBERTI

Die Tragödie um die Opernstiftung geht weiter. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) hat gestern im Abgeordnetenhaus zwar Fehler bei der Chefsuche eingeräumt. Er hält dennoch an seinem Favoriten fest, dem Baseler Theaterchef Michael Schindhelm. Dessen Sprecherin sagte gestern der taz, zu Wochenbeginn verbreitete Rückzugsgedanken Schindhelms beruhten auf keiner offiziellen Stellungnahme ihres Chefs. Die Parlamentsdebatte dazu gestaltete sich als Drama in fünf Teilen.

Prolog: Minutenlang referiert Flierl zum Auswahlverfahren für den künftigen Generaldirektor. Er verteidigt das wenig transparente Verfahren – die gesuchten Kulturschaffenden sind für ihn Leute, die man nicht vor öffentliche Anhörungen oder das Parlament stellen kann. Und nicht von ihm sei das Angebot für jenes Gespräch ausgegangen, in dem der Tagesspiegel-Kulturchef und ein von Flierl ungeliebter Kandidat zusammensaßen und von dem der Journalist an Flierl per Mail berichtete. Immerhin räumt der Senator ein: „Das war ein Fehler, der die Grenzen zwischen Politik und Fachjournalismus unzulässig verwischt hat.“

Erregendes Moment: Das könne sie doch in der Zeitung nachlesen, fertigt Flierl Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz ab, als die etwas zu früherer Stasi-Tätigkeit Schindhelms hören will. Klotz nimmt das nicht hin, auch nicht, dass PDS-Mann Wolfgang Brauer „Kollegen dieses Hauses“ eine Verleumdungskampagne gegen Flierl vorwirft. Die Sitzung wird kurz darauf unterbrochen, der Ältestenrat tagt.

Zwischenspiel: Die SPD, die bis auf einen Abgeordneten keine Hand für Flierl-Applaus rührt, kostet die Situation aus. „Ist doch Karneval heute“, witzelt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vor Journalisten. Der genießt ausnahmsweise seine fehlende Richtlinienkompetenz – so kann keiner von ihm verlangen, Flierl rauszuwerfen.

Aufsteigende Handlung: Das Parlament tagt hinter verschlossener Tür, Flierl sagt etwas zu Schindhelms Stasiakte. Für den soll dasselbe gelten wie für jeden im öffentlichen Dienst: eine Einzelfallprüfung. „Ein Unding, das ist doch nicht irgendein Laufbursche, sondern die Vertrauensstellung in einer ost-west-sensiblen Opernstiftung“, grantelt die Grüne Alice Ströver. Ein Ehrenrat soll sich auf Wunsch Flierls mit dem Fall beschäftigen. Bürgerrechtler Wolfgang Templin bestätigt der taz: Ja, er sei bereit zur Mitarbeit, in nächster Zeit werde man sich treffen. Ebenfalls benannt: Parlamentspräsident Walter Momper und Bürgerrechtler Lutz Rathenow und Ulrike Poppe.

Vorläufiger Auszug: Die SPD bleibt ablehnend, ihre Kulturpolitikerin Brigitte Lange will weiter ein neues Auswahlverfahren. Schindhelm soll zwar dabei sein können. Aus ihren Worten aber spricht, dass sie den Mann Flierls für verbrannt hält: „Gerade bei Schindhelms Vergangenheit wäre es doppelt geboten gewesen, das Verfahren transparent zu machen.“ Fortsetzung folgt.