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Archiv-Artikel

GERICHT ENTSCHEIDET: AUCH ISLAMISTEN DÜRFEN AUF FLUGHÄFEN ARBEITEN Keine Ausgrenzung auf Verdacht

Kann man noch ruhig fliegen, wenn Islamisten die Flugzeuge be- und entladen? Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem bemerkenswert unaufgeregten Urteil gestern keine Bedenken dagegen. Ganz richtig stellen die Leipziger Richter fest, dass eben nicht jeder, der extremistischen Gedanken anhängt, deshalb auch gleich zum Terror neigt.

Nun sagen viele, dass wir bei der Sicherheit keine unnötigen Risiken eingehen sollten. Das war auch die Linie der Bundesregierung nach den Anschlägen vom 11. 9. 2004. Verfassungsfeinde hätten dann gar nicht mehr auf Flughäfen arbeiten können. Doch die entsprechende Verordnung hat das Gericht gestern ohne viel Aufhebens gleich mitbeseitigt. Der Rechtsstaat lässt sich nicht von Hysterie anstecken. Damit gilt für die Sicherheitsüberprüfungen wieder der alte, liberalere Maßstab aus der Zeit vor den Anschlägen.

Zwar sind die Sicherheitsbereiche der Flughäfen tatsächlich eine offene Flanke für Sabotageakte. So wurde etwa die Passagiermaschine, die 1988 über dem schottischen Lockerbie explodierte, von einer in den Frachtraum geschmuggelten Bombe gesprengt. Dagegen zeigen gerade die Anschläge vom 11. September 2001, dass heute eine viel größere Gefahr von den Passagieren ausgeht. Hier hat zum Glück noch niemand gefordert, dass nur noch „zuverlässige“ Bürger fliegen dürfen. Noch deutlicher wird die Verwundbarkeit unserer Gesellschaften, wenn man etwa den Giftgasanschlag der japanischen Aum-Sekte auf die U-Bahn von Tokio betrachtet. Wie will man Derartiges verhindern? Im täglichen Pendlerverkehr sind Passagierkontrollen wie an Flughäfen schlechthin undenkbar.

Solche Überlegungen zeigen, dass es nur pragmatisch ist, auch beim Flughafenpersonal keine überspannten Anforderungen anzulegen. Eine selektive „Null Risiko“-Politik hätte wohl vor allem symbolische Wirkung. Letztlich wäre es auch gefährlicher für unsere Gesellschaft, wenn Islamisten in weiten Bereichen des deutschen Arbeitslebens ein faktisches Berufsverbot hätten. Gerade unter Sicherheitsaspekten ist Integration sinnvoller als vorsorgliche Ausgrenzung. CHRISTIAN RATH