: Bastler auf Kufen
David Möller startet erstmals als Weltmeister in die neue Rodel-Saison. Dass er sich auf dem Ruhm des Vorjahres nicht ausruhen kann, ist dem 22-Jährigen bewusst. Sonst wird er nie zum Möllerdavid
AUS ERFURT JOACHIM MÖLTER
Im Februar ist David Möller in der japanischen Olympiastadt Nagano zum Weltmeister-Titel im Rennrodeln gekommen wie die Jungfrau zum Kind, und was hat er nun davon, neun Monate später? Na ja, wenigstens so viel, dass er sich einen neuen Schlitten hat bauen lassen können, Kostenpunkt 3.500 Euro, gefertigt nach Entwürfen des einst zweimaligen Weltmeisters Hans Rinn und bezahlt aus dem eigenen Geldbeutel. „Der Schlitten ist fahrfertig“, berichtete Möller in diesen Tagen, „aber noch nicht wettkampffertig.“ Weil die so genannte Wanne, die auf den Kufen montiert ist und in die sich die Piloten legen, ein Zentimeterchen zu schmal war für den 1,88 Meter langen Mann aus Oberhof, hat er ein komplett neues Modell in Auftrag gegeben. Und weil das gerade erst fertig geworden ist, schlittert Möller beim Weltcup-Auftakt am Wochenende in Altenberg (Sachsen) vorsichtshalber noch einmal in der Schale talwärts, die ihn auch zum WM-Titel getragen hat.
„Auf dem kann ich mich aber doch nicht ausruhen“, klagt er ein wenig angesichts des Malheurs, „schon gar nicht als 22-Jähriger. Die anderen sind ja auch keine Träumer.“ Und weil das so ist, sei es für ihn „wichtig, dass ich weiter in meinen Sport investiere“, findet er; auszahlen soll sich das irgendwann später einmal. Am Ende einer – so hofft der Polizeimeister im Bundesgrenzschutz – langen sportlichen Karriere. In Randsportarten wie dem Rennrodeln ist es schwierig, sich einen Namen zu machen, der über die Sportart hinaus bekannt wird. Hierzulande hat sich der Berchtesgadener Georg Hackl etabliert als die Rodel-Marke „Hacklschorsch“. Und was fehlt dem hochtalentierten David Möller noch nach seinem überraschenden Vorstoß in die Weltspitze im vorigen Winter bis zum Möllerdavid? „Drei Olympiasiege“, sagt er, so viel wie Hackl eben auch gebraucht hat.
Im nächsten Winter könnte David Möller damit anfangen, dann werden die Winterspiele in Turin ausgetragen, für diese Saison hat er sich indes nicht viel vorgenommen, im Grunde gar nichts. „Es geht bei Null wieder los“, sagt er. Der Bundestrainer Thomas Schwab aus Berchtesgaden sagt: „Die Ansprüche an ihn sind eher geringer, weil ich weiß, wie schwierig es ist, die Leistungen zu bestätigen.“ In der vorigen Weltcup-Saison kam Möller nur einmal schlechter als auf Platz vier ins Ziel – das war ausgerechnet in Altenberg, wo er 15. wurde. „Wenn er sich heuer unter den ersten Sechs positionieren kann, ist das völlig in Ordnung“, findet Schwab. An eine Titelverteidigung denken weder Trainer noch Athlet, obwohl die Bahn in Salt Lake City, Austragungsort der WM im Februar 2005, dessen Fähigkeiten als so genannter Gleiter entgegenkommt. „Ich fahre gerne dort“, sagt David Möller, „aber das heißt nicht, dass ich auch eine gute WM fahre.“
Die ständige Tiefstapelei hat er sich offenbar beim Altmeister Georg Hackl abgeschaut, den er bei der WM 2004 in Nagano auf Platz zwei verdrängt hat. Freiwillig verrät Hackl ja nichts von seinen Geheimnissen, solange er selbst noch mitfährt. Das will der 38-Jährige bis zu den Olympischen Spielen 2006 in Turin tun, aber nicht mehr darüber hinaus. „Mit Vierzig stelle ich mich nicht mehr zum Start hin, dann ist Schluss“, versichert er, dann will er sein Wissen als Trainer weitergeben. Was Hackl seinem designierten Nachfolger Möller momentan raten würde, wäre er schon auf die andere Seite gewechselt? „Dem bräuchte man nicht so sehr viel zu sagen“, glaubt Hackl, „man kann ihm vielleicht bei der Detailarbeit zur Seite stehen, aber der Bursche weiß selber, was er will. Der geht seinen Weg sowieso.“
Die Detailarbeit, das tagelange Tüfteln am Schlitten, an der Schale, an den Schienen, an den Kufen, das verbindet Hackl und Möller schon heute. „Für mich als Mann ist das Basteln spannend“, beschreibt Möller die Faszination des Rennrodelns; in den vergangenen Wochen hat er fast bis Mitternacht im Schlittenraum zugebracht, hat da gefeilt und dort geschliffen. „Man versucht, den Schlitten nach bestem Wissen abzustimmen“, erzählt er.
Möller hat freilich auch an seinem Körper gearbeitet, der nun drei Kilo schwerer ist: „Das hat sich aber noch nicht wie erhofft bei den Startzeiten niedergeschlagen.“ Wenn er in Altenberg noch nicht so in die Saison startet wie erhofft, sei das aber nicht schlimm, versichert er. Denn der WM-Titel hat ihm noch etwas gebracht außer dem Geld für einen neuen Schlitten: „Ich weiß jetzt, dass ich immer vorne mitfahren kann. Das ist drin im Kopf.“