Stimmung steigt bei Zwischennutzung

PDS-Fraktion holt sich Unterstützung von außen, weil sie nicht lauthals gegen den Palast-Abriss wettern kann. Das ging gut und in die Hose: „Gottloser Abriss“, meint Gesine Lötzsch. „Schwachsinn“, poltert Adrienne Goehler – unter Beifall

Beim Thema Grün sieht die PDS rot – pardon bunt. Jedenfalls ist das die Haltung der Fraktion im Abgeordnetenhaus, geht es um die vorgesehene Begrünung des Schlossplatzes anstelle des Palastes der Republik. Denn weil sich die Partei mit dem SPD-Koalitionspartner, der für eine flächendeckende Besamung der Stadtmitte eintritt, nicht verkrachen will, setzt man nun ganz darauf, „die Stimmung für die Zwischennutzung des Palastes der Republik zu verstärken“, wie Fraktionschef Liebich gestern sagte. Also Anti-Abriss nein, das wäre zu hart. Sondern lieber „1.000 Tage buntes Leben statt grüner Brache in der Stadtmitte“, wie ein Antrag der Fraktion für das Parlament lautet, der am Dienstag beraten wurde.

Die Strategie ist nicht unklug. Zwar hat der Deutsche Bundestag jüngst den Abriss beschlossen, den Schlossneubau mangels Geld zugleich verschoben und der Berliner Linie, am Schlossplatz erst mal eine Grünfläche einzurichten, den Weg geebnet. Doch die Entscheidung hat auch so viele Fragen offen gelassen, derer sich die PDS nun bedient. Was soll ein Abriss kosten, 20, 30 oder 40 Millionen Euro? Hält der sumpfige Berliner Untergrund das aus? Was soll später einmal dorthin, wer baut und finanziert das? Und schließlich: Ist nicht das künstlerische Konzept der öffentlichen Zwischennutzung mit Theater-, Tanz- und Musikaufführungen besser als Bäume, Wiesen und Wälder am Alexanderplatz? Solange dazu keine abschließenden Antworten gefunden sind, so die Fraktion, soll „buntes Leben“ blühn.

Um sich nicht dem Vorwurf der ideologischen Verblendung auszusetzen, munitionierte sich die Berliner PDS zum Thema mit mehreren Unterstützern. Die erste ging in die Hose: Gesine Lötzsch, PDS-Abgeordnete im Bundestag, sprach in der Fraktionssitzung von einer „gottlosen Entscheidung“, den Palast abzureißen.

Die anderen zogen besser. Bruno Flierl, renommierter Bauhistoriker und Vater des Kultursenators, erinnerte daran, dass der Beschluss des Bundestages die mögliche Zwischennutzung nicht außer Kraft setze, schon gar nicht, wenn die Kosten für den Abriss und die Grünplanungen ungeklärt blieben.

Adrienne Goehler, die Exkultursenatorin und heute Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds, ging noch weiter. Der Palast sei nicht nur die „geilste Baustelle Europas“ und ein über die Grenzen der Stadt bekannter Ort, an dem sich Kultur vermarkten ließe. Statt Strieders „provinzieller“ Grünfläche müsse die Chance genutzt werden, dort Geschichte, Gegenwart und Zukunft zu inszenieren – und zwar langfristig. Schließlich tat sie noch etwas für die Seele der PDSler, denn Applaus kam auf: „Dieser Schwachsinn (Abriss und Grünfläche, d. V.) muss aufhören, nur weil man auf Deibl komm raus ein Schloss haben will.“

Das war so recht nach dem Geschmack der Fraktionsmitglieder, nach dem Motto: Die wirklich harten Sachen lassen wir in puncto Palast andere sagen. Auf keinen Fall was anbrennen lassen bei Strieder, Wowereit und Co. Denn beim Thema Grün sehen wir rot – pardon bunt.

ROLF LAUTENSCHLÄGER