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Archiv-Artikel

Schill verhindert Personaldebatte

Nach dem Rückzug von Landeschef Olaf Scholz will die Hamburger SPD die Krise der Rechtskoalition auskosten: Bis zu sieben Schill-Abgeordnete wollen nicht für den neuen Bildungssenator stimmen, am Samstag wird der Parteigründer wiedergewählt

AUS HAMBURG SVEN-MICHAEL VEIT

Schill, Scholz, Soltau – das politische Schicksal dreier Männer sorgt in dieser Woche für heftige Turbulenzen in der Hamburger Politik. Ein wahres Unwetter braut sich zeitgleich über der Rechtskoalition aus CDU, Schill-Partei und FDP zusammen. Wenn heute der neue Schulsenator Reinhard Soltau (FDP) in der Bürgerschaft durchfallen sollte und der im August aus dem Senat geschasste Rechtspopulist Ronald Schill auf dem Landesparteitag am Sonnabend seine Wiederauferstehung zelebriert, bricht das Bündnis auseinander. In diesem Fall, so Bürgermeister Ole von Beust (CDU), werde er den Weg für Neuwahlen freimachen.

Nahezu zeitgleich hat der SPD-Landesvorsitzende und Bundes-Generalsekretär Olaf Scholz am Montagabend vor dem Landesvorstand erklärt, dass er auf dem Parteitag im Mai nächsten Jahres nicht mehr für den Parteivorsitz in der Hansestadt kandidieren will. Scholz hat eingesehen, dass sich seine Jobs „auf Dauer nicht miteinander vereinbaren lassen“. Zugleich beteuert Scholz, mit seinem Fast-Fiasko auf dem Bochumer Bundesparteitag habe dies „nichts zu tun“. Jetzt sei lediglich „der richtige Zeitpunkt“, seinen Entschluss aber habe er bereits „im Sommer“ Vertrauten mitgeteilt, was diese glaubhaft bestätigen. Bis Februar will der Landesvorstand einen Nachfolger suchen, und bis dahin, verkündet der Noch-Parteichef, „halten alle den Mund“.

Grund für das sozialdemokratische Schweigegelübde ist der Versuch, nicht mit Personalgerangel von der erneuten Krise der Hamburger Rechtskoalition abzulenken. Heute soll der 62-jährige Freidemokrat Soltau vom Landesparlament als Nachfolger seines Parteifreundes Rudolf Lange zum Bildungssenator gewählt werden. Soltaus Wahl wird zu einer Zitterpartie: Bis zu sieben Abgeordnete der Schill-Fraktion denken laut über eine Enthaltung nach, die Mehrheit von 64 Stimmen gegenüber 57 rot-grünen Oppositionsabgeordneten wäre dahin. Dass die Rechtsaußenfraktion nicht immer leicht auf Kurs zu halten ist, zeigte sich bereits Anfang September bei der Kür des neuen Innensenators. Schill-Nachfolger Dirk Nockemann schaffte mit 60 Voten nicht einmal die absolute Mehrheit in der 121-köpfigen Bürgerschaft.

Und ein weiterer Koalitionsvertreter wird ohnehin nicht für Soltau votieren. Ronald Schill höchstselbst kehrt morgen aus seinem dreiwöchigen Urlaub auf Kuba zurück, wo er sich am „morbiden Charme eines untergehenden Regimes“ delektieren wollte. Gut erholt wird er am Samstag auf dem Parteitag der Hamburger Schill-Partei erneut als Landeschef und Spitzenkandidat für die nächste Bürgerschaftswahl kandidieren. Eine deutliche Mehrheit gilt als sicher für den Mann, mit dem Beust „nie wieder an einem Tisch sitzen will“, wie er bei dessen Rauswurf vor drei Monaten erklärte.

Das wird er aber müssen, hat doch Schill als Parteichef Sitz und Stimme im Koalitionsausschuss. Man könne ja im Konferenzsaal des Rathauses, wird im Regierungslager geraunt, vielleicht „zwei Tische aufstellen“.