piwik no script img

Archiv-Artikel

„Opfer der Verhältnisse“

Zwei Angeklagte im Müllskandal-Prozess gestehen Schmiergelder und belasten SPD-Politiker Norbert Rüther

KÖLN taz ■ Im Kölner Müllskandal-Prozess haben die beiden angeklagten Exmanager Ulrich Eisermann und Sigfrid Michelfelder Schmiergeldzahlungen in Höhe von rund elf Millionen Euro gestanden. Eisermann, Exgeschäftsführer der städtischen Abfallentsorgungs- und -verwertungsgesellschaft AVG, sagte aus, er selbst habe von den Schmiergeldern des Gummersbacher Anlagenbauers Steinmüller knapp 5 Millionen Euro erhalten. Allerdings seien davon 1996 1,2 Millionen Euro an den damaligen Steinmüller-Manager Michelfelder „auf seinen Wunsch hin“ abgegangen. Außerdem habe er 1995 und 1998 insgesamt eine Million Euro dem SPD-Politiker Norbert Rüther gegeben.

Rüther wies diese Anschuldigung als „frei erfunden“ zurück. Er habe nichts von den Schmiergeldzahlungen gewusst und sei unschuldig. Weder für sich persönlich noch für die SPD habe er von Eisermann je etwas gefordert und erhalten. Etwas anderes sei hingegen der Skandal um die „Danke-schön-Spenden“ an die Kölner SPD, der jedoch nicht Teil des jetzigen Prozesses ist. Hier habe er sich seiner Verantwortung gestellt. Michelfelder gestand hingegen, sich auch „persönlich in eine Provisionsverstrickung begeben“ zu haben. Allerdings habe er „nur“ eine halbe Million Euro erhalten, und die bereits 1995.

Sowohl Michelfelder als Eisermann versuchten sich in ihren ersten Aussagen vor Gericht als Opfer der schmutzigen Verhältnisse zu präsentieren. Die Selbstverständlichkeit, mit der in der Wirtschaft mit solchen „Provisionszahlungen“ gehandelt worden wäre, „ließ mich kapitulieren“, so Eisermann. Michelfelder sagte, er habe nur „getan, was ich nach meiner Meinung unbedingt für Steinmüller tun musste“. Die Schmiergeldzahlungen seien notwendig gewesen, um den Auftrag zu bekommen: „Ich musste dieses Eintrittsticket lösen.“ Beiden drohen mehrjährige Haftstrafen. Der Prozess geht heute weiter. PASCAL BEUCKER