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Archiv-Artikel

Frauenparkplatz bleibt für Männer tabu

Auch das geplante Antidiskriminierungsgesetz lässt eine Ungleichbehandlung in vielen Bereichen weiter zu

Die Regierungsfraktionen stehen kurz vor Abschluss der Verhandlungen um ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG). Das Gesetz muss viele Ausnahmen zulassen, denn es bedeutet einen starken Eingriff in die individuelle Vertragsfreiheit.

Im privaten Rechtsverkehr kommt es zunächst darauf an, ob es sich um ein „Massengeschäft“ oder Ähnliches handelt oder um einen Vertrag, bei dem es auf die Wahl des Vertragspartners ankommt. Bei Massengeschäften wird – wie im Arbeitsleben – die Einhaltung von acht Kriterien kontrolliert: Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, sexuelle Identität und Behinderung. Bei individuellen Geschäften schützt das Gesetz nur gegen die Diskriminierung wegen Rasse und ethnischer Herkunft.

Auf dem Wohnungsmarkt wird es vermutlich drei Bereiche geben. Ein kleines Segment gilt als Massengeschäft ohne Ansehen der Person, zum Beispiel wenn Wohnungen im Internet versteigert werden. Hier darf niemand diskriminiert werden. Die Grünen wollen auch die Vermietung durch Wohnungsgesellschaften zum Massengeschäft rechnen. Das Justizministerium ist dagegen, weil es jedem Vermieter wegen der langfristigen Bindung auf den Vertragspartner ankommt.

Bei den meisten Wohnungen könnte nur noch eine gezielte Benachteiligung wegen Rasse und ethnischer Herkunft geltend gemacht werden. Der Vermieter dürfte zwar gezielt nach einer älteren nichtbehinderten Frau suchen. Es wäre jedoch unzulässig, in einer Zeitungsannonce zu schreiben: „Schwarze und Türken unerwünscht.“ Selbst solche Diskriminierungen sollen laut Gesetzentwurf allerdings zulässig sein, wenn es um ein „besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis“ geht, das heißt, wenn der Vermieter oder seine engsten Verwandten auf dem gleichen Grundstück wohnen. Allerdings ist fraglich, ob diese Ausnahme zulässig ist. Die zugrunde liegende EU-Richtlinie sieht solche Freiräume für Rassismus nicht vor.

Soweit das ADG prinzipiell anwendbar ist, sind noch zahlreiche weitere Ausnahmen zu beachten. Zulässig ist eine Ungleichbehandlung, wenn sie der Vermeidung von Gefahren gilt, etwa bei speziellen Kinoplätzen für Rollstuhlfahrer, oder wenn es um den Schutz der Intimsphäre geht. Eine geschlechtsgetrennte Sauna bleibt also möglich. Ausnahmen gibt es auch für das Bedürfnis nach persönlicher Sicherheit. Deshalb können auch Frauenparkplätze bestehen bleiben. Außerdem kann ein Schwulen-Buchladen potenzielle Hetero-Kundschaft hinauskomplimentieren, da nach Ansicht von Rot-Grün ein besonderes Interesse an Gleichbehandlung fehlt.

Religionsgemeinschaften dürfen auch in ihren Einrichtungen auf den Glauben achten, etwa wenn der katholische Kindergarten nur katholische Kinder aufnimmt. Und bei Versicherungsverträgen soll es Ausnahmen für statistisch begründbare Unterschiede geben. zum Beispiel wenn Männer bei der Kfz-Haftpflicht und Frauen bei der Krankenversicherung jeweils mehr bezahlen müssen.

Im Arbeitsleben dürfen benachteiligte Gruppen auch weiterhin gefördert werden. Religionsgemeinschaften dürfen bei der Einstellung von Mitarbeitern die Mitglieder ihres eigenen Glaubens bevorzugen. Die Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ist gegenüber Beschäftigten zulässig, wenn sie „angemessen“ ist. CHRISTIAN RATH