: Linke sägt ihre Hartz-IV-Expertin ab
Die Linkspartei in Sachsen-Anhalt will die frühere Hartz-IV-Bezieherin Elke Reinke nicht ein zweites Mal zur Wahl für den Bundestag aufstellen. Ihr wird Betroffenheitspolitik vorgeworfen. Nun droht der Abgeordneten erneut die Arbeitslosigkeit
AUS BERLIN FELIX LEE
Ausgerechnet der Hartz-IV-Expertin der Linksfraktion im Bundestag droht nun selbst wieder die Arbeitslosigkeit. Der Landesvorstand der Linkspartei in Sachsen-Anhalt will Elke Reinke nicht mehr als Kandidatin für den nächsten Bundestag aufstellen. Bei der Aufstellung der Vorschlagsliste hatte die 50-Jährige aus Aschersleben für den gerade noch aussichtsreichen Listenplatz 5 kandidiert. Doch niemand im 18-köpfigen Vorstand stimmte für sie. Nun will sie sich beim Landesparteitag am 25. April in Magdeburg ohne Votum des Vorstands bei den Linkspartei-Delegierten um einen Listenplatz bemühen.
Reinke war 2005 direkt aus der Langzeitarbeitslosigkeit heraus der Sprung in den Bundestag gelungen. Die gelernte Elektroingenieurin und Mutter von zwei Kindern hatte gleich nach der Wende ihren Job verloren und war daraufhin – trotz Umschulung zur Speditionskauffrau – 14 Jahre arbeitlos. Während der Montagsdemonstrationen gegen die Hartz-IV-Gesetze 2004 gerierte sie sich zur Wortführerin der vor allem in Ostdeutschland starken Protestbewegung gegen die Sozialkürzungen. Sie wurde zur Symbolfigur des Hartz-IV-Protests. Im Februar 2005 trat sie der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) bei, die kurze Zeit später mit der Linkspartei fusionierte, und zog über die offene Landesliste im selben Jahr in den Bundestag ein. Als ehemalige Betroffene galt sie in der Linksfraktion fortan als die Expertin für alles, was mit Hartz IV, Sozialgesetzen und Arbeitsmarktpolitik zu tun hat.
Das habe nicht ausgereicht, heißt es nun aus Kreisen der Linkspartei in Sachsen-Anhalt. „Reine Betroffenheitspolitik“ habe sie betrieben. Über ihren Kernbereich hinaus habe sie nur wenig geleistet, wird ihr vorgeworfen. Dies genüge für eine Bundestagsabgeordnete nicht.
Andere hingegen loben ihren „Sachverstand“ und ihr „Beharrungsvermögen“. Es sei erfrischend, dass sie eben nicht so viel Zeit fürs Strippenziehen verschwendet habe, heißt es in Berliner Kreisen der Linkspartei. Der Landesvorsitzende der Linkspartei in Sachsen-Anhalt selbst wollte sich zu ihrer Personalie nicht äußern. Nur so viel: dass niemand im Vorstand für sie gestimmt habe, spreche nicht gerade für sie.
Reinke selbst zeigte sich „zutiefst enttäuscht“ über das Abstimmungsergebnis. Niemand habe ihr in den vergangenen drei Jahren mitgeteilt, dass sie schlechte Arbeit geleistet habe. Den Vorwurf, sie habe sich monothematisch ausschließlich um Hartz-IV-Betroffene gekümmert, weist sie zurück. Seniorenpolitik und das Thema Kinderarmut habe sie ebenso intensiv bearbeitet. Und so ganz ließen sich diese Bereiche ja auch nicht voneinander trennen.
Ihre Chancen auf einen sicheren Listenplatz hat sie nicht ganz aufgegeben. Ohne Unterstützung des Landesvorstands sei es zwar schwer, „bei einer Redezeit von nur fünf Minuten die Basis zu überzeugen“. Viele Genossen hätten ihr aber ihre Unterstützung zugesichert.