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Archiv-Artikel

Rhein-Ruhr-Express wenig rapid

Eiszeit zwischen NRW-Regierung und Bahn: Angeblich soll das Staatsunternehmen den Nachfolger des Metrorapid blockieren, um eine konzernfreundlichere Verkehrspolitik des Landes durchzusetzen

VON ANDREAS WYPUTTA

Die Beziehungen zwischen nordrhein-westfälischer Landesregierung und Bahn haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. In Düsseldorfer Koalitionskreisen kursieren Gerüchte, das Staatsunternehmen blockiere das Nachfolgeprojekt der gescheiterten Magnetschwebebahn Metrorapid, um Druck auf eine konzernfreundlichere Verkehrspolitik des Landes zu machen: Wie NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) machen sich Sozialdemokraten und Grüne im Düsseldorfer Landtag für eine verstärkte Trennung von Fahrbetrieb und Netz und damit für mehr private Konkurrenz auch auf der Schiene stark – bislang beherrscht die Bahn AG das Geschäft mit einem Marktanteil von mehr als 90 Prozent.

Hintergrund der neuen Eiszeit ist die zunächst für vergangene Woche angesetzte, dann aber verschobene Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung zur Planung der neuen Verbindung zwischen Hamm und Köln. Die Opposition beklagt bereits die „blanke Unfähigkeit der rot-grünen Landesregierung unter Ministerpräsident Steinbrück“, so Hans Hardt, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. „Alle Beteiligten wollten sich schön in Szene setzen, doch wenn es konkret wird, fängt das Schwarze-Peter-Spiel von vorne an“, klagt der Christdemokrat. Bereits der überteuerte Metrorapid war neben dem Widerstand der Grünen nicht zuletzt an der mangelhaften Koordination zwischen Bundes- und Landesverkehrsministerium und Bahn gescheitert. Ex-Landesverkehrsminister Ernst Schwanhold hatte wegen der Pannenserie seinen Hut nehmen müssen.

Der Rhein-Ruhr-Express werde aber in jedem Fall gebaut, versichern Sprecher von Bundes- und Landesregierung. „Noch in diesem Jahr“ werde die entsprechende Rahmenvereinbarung unterzeichnet, so Michael Zirpel, Sprecher von SPD-Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe, zur taz. „Zwischen allen drei Beteiligten besteht weitgehende Einigkeit.“ Die aus dem Umfeld der NRW-Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion stammenden Blockadegerüchte seien dagegen „Quatsch“, sagt Zirpel – und erhält dabei Unterstützung der Mitarbeiter von Landesgruppensprecher Hans-Peter Kemper: Der Rhein-Ruhr-Express sei bei dem Treffen mit Bahn-Vorstand Klaus Daubertshäuser „kein Thema“ gewesen.

Auch die Bahn dementiert: „Wir orientieren uns ausschließlich an betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Belangen“, sagt Konzernsprecher Martin Walden. Dennoch bleibt das Bundesunternehmen auf Distanz: Das Projekt befinde sich erst im „Anfangsstadium“, so Walden. Dabei setzen rot-grüne Koalition wie Opposition ganz auf die neue Verbindung, auf der ab 2012 hochwertige Züge Pünktlichkeit sichern sollen. „Ich kann nur hoffen, dass die Bahn voll zum Rhein-Ruhr-Express steht“, sagt Oliver Keymis, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. „Nordrhein-Westfalen braucht diesen Qualitätszug. Am besten wäre es. wenn die Verträge noch in dieser Woche entschieden würden.“ Eine Vermischung zwischen Rhein-Ruhr-Express und der allgemeinen Linie der Verkehrspolitik der rot-grünen Koalition sei in keinem Fall hinnehmbar, macht Keymis klar: „Ich kann nur hoffen, dass sich die Bahn nicht auch noch auf solche unseriösen Tricksereien einlässt.“

Bisher jedoch ist die Finanzierung des Projekts unklar: Experten rechnen nach bisherigem Stand mit Kosten zwischen zwei und zweieinhalb Milliarden Euro – der Metrorapid wäre mehr als doppelt so teuer geworden. Selbst innerhalb der Düsseldorfer Koalition bleiben wichtige Punkte strittig. Während Horstmanns Ministerium weiter auf einen Ausbau im Hochgeschwindigkeitsbereich von 200 Stundenkilometern und mehr setzt, reicht den Grünen eine Spitzengeschwindigkeit von 160 völlig aus. „Gerade der Metrorapid hat doch gezeigt, dass wir im Ruhrgebiet mit seinen vielen Bahnhöfen nicht auf Hochgeschwindigkeit, sondern auf eine gute Vertaktung setzen müssen“, meint Keymis. Noch zugkräftiger ist allerdings ein finanzielles Argument, meint der Grüne: „40 Stundenkilometer mehr machen das Projekt mindestens 40 Prozent teurer.“