: Euro-Beitritt erschlichen
Griechenland ist mit falschen Zahlen Mitglied der Eurozone geworden. Dennoch kein Rausschmiss
BRÜSSEL/ATHEN dpa/ap ■ Griechenland hat sich mit gefälschten Defizitzahlen den Euro-Beitritt 2001 erschlichen. Dies geht aus einem aktuellen Bericht der EU-Statistikbehörde Eurostat hervor, wie aus diplomatischen Kreisen in Brüssel gestern verlautete. Das Mittelmeerland muss zwar trotz des beispiellosen Skandals nicht mit einem Rauswurf aus der Euro-Zone rechnen. Die Enthüllungen über jahrelang geschönte Schuldenzahlen aus Athen erschüttern aber die Grundfesten der Euro-Gemeinschaftswährung.
Der griechische Finanzminister Giorgos Alogoskoufis bestätigte gestern in Athen, das Haushaltsdefizit habe im wichtigen Referenzjahr 1999 über der Defizitgrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gelegen. Laut Eurostat betrug der Wert 3,4 Prozent – statt der gemeldeten 1,8 Prozent. 1998 waren es in Wahrheit 4,1 Prozent und nicht 2,5 Prozent. 1997 betrug das Defizit 6,4 Prozent statt der veröffentlichten 4,0 Prozent. Weitere leichte Änderungen sind noch möglich. Bislang war lediglich bekannt, dass Athen seine Zahlen von 2000 bis 2004 frisierte. So wurden Militärausgaben nur teilweise oder überhaupt nicht beim Defizit verbucht. Brüsseler Insider sprechen von Betrug.
Der griechische Minister wollte gestern Abend mit seinen Amtskollegen des Euro-Gebiets über den Zahlenskandal sprechen. Er bewertete das Treffen in Brüssel als „kritisch“. „Der nächste Schritt ist, wie Griechenland sein Defizit unter die Drei-Prozent-Marke drückt“, sagte er. Ziel der Regierung sei es, bis Ende 2005 das Defizit von derzeit mehr als 5,3 auf 3 Prozent zu drücken. Die EU- Kommission geht davon aus, dass dieses Ziel erst 2006 erreicht werden kann.
Unter dem Eindruck der griechischen Zahlen wollen die Finanzminister erstmals offiziell über die geplante Reform des Stabilitätspaktes sprechen. Angedacht ist, den Pakt künftig nicht mehr mechanisch auszulegen, sondern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stärker zu berücksichtigen.