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Hartz-Gegner wollen Beachtung

Kölner Montagsdemo wirft Medien mangelnde Berichterstattung über Hartz-Proteste vor. Demonstranten belagern WDR-Gebäude in den Arkaden. Sender weist Kritik zurück

Köln taz ■ „Wir können auch die anderen hundert hier reinholen“, drohte einer. 15 Teilnehmer der Kölner Montagsdemo hatten sich am Montag Abend in den Empfangsraum des WDR in den Arkaden in der Breite Straße gedrängt, um dem Redaktionsleiter der Sendung „Lokalzeit“ ihre „Petition“ zu überreichen. Darin forderten sie den WDR auf, mehr über die Demonstranten und ihre Forderungen zu berichten.

Von der Empfangsdame im Foyer wurden die Demonstranten zunächst mit dem Hinweis auf den nahenden Sendetermin abgewiesen. Dann hieß es, im Haus befinde sich niemand mehr und das Schreiben könne am Empfang abgegeben werden. Darauf wollten sich die aufgebrachten Demonstranten jedoch nicht einlassen. Aber erst nach Ende der „Lokalzeit“ gegen 20 Uhr nahm ein Redakteur das Schreiben der Demonstranten entgegen.

Gut 90 Demonstranten waren am frühen Abend vom üblichen Treffpunkt am Dom losgelaufen. Als der Demozug am WDR-Gebäude ankam, war er auf 110 Personen angewachsen. „Wie gehen die Medien mit den Montagsdemonstrationen um?“, hieß das Demo-Motto in dieser Woche. Die Antwort der Redner am offenen Mikrofon am Dom war simpel: Gar nicht. „Es wird der Eindruck erweckt, es gäbe uns gar nicht und gegen Hartz IV könne man eh nichts tun“, sagte Demo-Teilnehmerin Lisa Höchtel.

Sie warf „den Medien“ vor, das Thema von Anfang an mit hämischem Ton behandelt und die Teilnehmerzahlen verfälscht zu haben. Im September sei die Berichterstattung dann eingestellt worden, obgleich die Proteste weitergingen. „Wir haben ein Recht auf Berichterstattung“, sagte Höchtel. Insbesondere für den WDR gelte dies, der als öffentlich-rechtlicher Sender eine Informationspflicht habe. Ein älterer Mann im „Unruhestand“ warf dem WDR in diesem Punkt sogar „Verfassungsbruch“ vor.

Beim WDR nahm man die Vorwürfe der Montagsdemonstranten gestern gelassen. „Natürlich hat das keine Auswirkungen auf unsere Themenwahl“, sagte Pressesprecherin Kristina Bausch. Nachdem die Teilnehmerzahlen der Montagsdemonstrationen zurückgegangen wären, seien diese nicht mehr repräsentativ. „Das war eine rein journalistische Entscheidung, sich nicht weiter damit zu befassen“, so Bausch. Sollte es jedoch einen Teilnehmerschub geben, würden die Montagsdemonstrationen wieder vom WDR behandelt werden. Sandra Pingel

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