: Bremerhaven – machtlose Stadt
Mit der Zahl der Sozialhilfebezieher macht Bremerhaven Schlagzeilen. Der industrielle Strukturwandel ist mühsam, jetzt soll staatlich geförderter Tourismus die Wende bringen
Bremerhaven dpa ■ Rund 3.000 Wohnungen stehen leer; überall im Stadtgebiet wurden Geschäfte mangels Kundschaft geschlossen – die Folgen der Armut sind in Bremerhaven nicht zu übersehen. Dass die Stadt die höchste Sozialhilfequote in Deutschland hat, mag deshalb kaum jemand hören.
Dass die Stadt seit Jahrzehnten traurige Spitzenpositionen in der bundesweiten Arbeitslosen- und Sozialhilfestatistik einnimmt, hat für Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) vor allem eine Ursache: „die ökonomische Monostruktur Bremerhavens“. Seit der Stadtgründung 1827 beherrschen Fischerei, Schiffbau und Hafenwirtschaft das wirtschaftliche Geschehen an der Wesermündung.
Bis Anfang der siebziger Jahre wurde damit gutes Geld verdient. Dann brach die Hochseefischerei zusammen. Nach und nach starben auch die Werften. Zur Zeit boomt nur der Hafen: Für 500 Millionen Euro lässt das Land Bremen gerade den Containerterminal ausbauen, um weiter am wachsenden Welthandel teilzuhaben. Allerdings beschränkt sich der Hafenbetrieb in erster Linie auf den Umschlag. Verarbeitet wird der Containerinhalt überall auf der Welt, nur nicht in Bremerhaven.
Mehr als 9.300 Arbeitslose und 14.000 Sozialhilfeempfänger bei nur 42.000 Arbeitsplätzen und 119.000 Einwohnern in der Stadt sind die nüchterne Bilanz. „Im Prinzip ist man als Kommune gegen solche Entwicklungen machtlos“, sagt Schulz. Bis zu 2.000 Einwohner ziehen pro Jahr aus Bremerhaven weg.
Jetzt soll der Tourismus die Wende bringen. Rund 500 Millionen Euro wollen das Land Bremen und private Investoren in mehrere Großattraktionen vom Klimahaus bis zum Auswanderermuseum investieren.
Schulz freut sich auch über kleine Erfolge: Nachdem die öffentliche Hand vor zwei Jahren 65 Millionen Euro in die Fußgängerzone investiert hat, konnte dort vor wenigen Wochen ein seit Jahren leer stehendes Kaufhaus neu vermietet werden.
Wolfgang Heumer