Er ist wieder da

Ronald Schill feiert sein politisches Comeback. Als Landesvorsitzender und Spitzenkandidat will er in Hamburgs Rechts-Koalition wieder mitreden. Abrechnung mit den „Illoyalen“ wurde vertagt, die Konfrontation mit Bürgermeister Ole von Beust steht noch bevor

von SVEN-MICHAEL VEIT

Die Wiederauferstehung des Ronald Schill hat stattgefunden. Nach einer für ihn ungewöhnlich moderaten Rede feierte der Rechtspopulist am Sonnabend auf dem Parteitag der Schill-Partei sein politisches Comeback unter zweiminütigem stehenden Applaus. Dennoch sind nicht alle Wunden bereits verheilt. Lediglich 139 von 188 Delegierten stimmten für seine Wiederwahl als Landesvorsitzender: 73,5 Prozent Zustimmung ist mehr als bescheiden für einen, der an Volkskammer-ähnliche Resultate gewöhnt ist: „Es müssen nicht immer Honecker-Ergebnisse sein“, gab ein beleidigt wirkender Schill sich bescheiden.

Mit einer vergleichsweise zahmen und staatsmännischen Rede hatte Schill den reservierten Empfang im Café Seeterrassen in Planten un Blomen in brandenden Jubel verwandelt. „Wer heute eine Abrechnung von mir erwartet hat, wird enttäuscht sein“, leitete er seine 40-minütige Ansprache ein – und erntete sogleich erleichterten Applaus. Nach drei Monaten der „Selbstbesinnung“ habe er sich dazu durchgerungen, so der 45-Jährige, „nicht das Land zu verlassen“. Stattdessen wolle er „persönliche Verletztheiten zurückstellen“ hinter seine „Verantwortung für die Partei, für den Bürger-Senat und für Hamburg“. Es habe, ließ er durchblicken, „Illoyalität“ ihm gegenüber gegeben, selbst „Animositäten“ und gar „Feindschaften“, doch daran wolle er „um der gemeinsamen Sache willen“ nicht rühren.

An seinem Führungsanspruch ließ Schill dennoch keinen Zweifel: „Ich bin bereit für die nächste Bürgerschaftswahl“, verkündete er. „Der Charakter unserer Partei“ müsse wieder „scharf und deutlich identifizierbar“ werden, die „Kernthemen“ seien in den Vordergrund zu rücken. Zum Beispiel so: „Konsequente Abschiebung ist nicht nur Kriminalitätsbekämpfung, sie ist auch gute Sozialpolitik, denn sie spart Sozialhilfeausgaben.“ Der Saal jubelte.

Wie brüchig das innerparteiliche Eis ist, auf dem die Schill-Partei und damit die Rechts-Koaltion in Hamburg sich bewegt, zeigten die weiteren Vorstandswahlen. Schill legte eine „Wunschliste loyaler Leute, mit denen ich effektiv zusammenarbeiten kann“ vor – zwei davon aber fielen durch (siehe Kasten links).

Zuvor hatte Innensenator und Schill-Intimfeind Dirk Nockemann wortreich dargelegt, dass er um des lieben Friedens willen nicht erneut als Parteivize antrete: „Für Ronald sehen loyale Mitarbeiter anders aus als ich“, gab er zu verstehen. Er sehe sich als einer von denen, die nach Schills Rauswurf aus dem Senat am 19. August „die Koalition gerettet haben“, stellte Nockemann klar, „und das will ich nicht gefährden“. Nach der nächsten Bürgerschaftswahl aber „werde ich wieder hier stehen und antreten“, verkündete Nockemann und bestritt später im Gespräch mit Journalisten, dass dies „als Drohung zu verstehen“ sei.

Zuvor nämlich hatte Bausenator und Bundesparteichef Mario Mettbach Schill und Nockemann überraschend aufgefordert, sich die Hände zu schütteln. Die beiden Kontrahenten, die nebeneinander auf dem Podium saßen, ohne sich eines Blickes zu würdigen, wurden kalt erwischt. Zögerlich und säuerlich lächelnd kamen sie unter dem Jubel der Delegierten der Aufforderung nach. Dass dies nur eine Geste war, räumte Schill anschließend ein. Beider Zusammenarbeit werde „rein geschäftsmäßig“ sein.

Unklar ist, wie die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU) aussehen soll. Der hatte nach dem Rauswurf Schills erklärt, sich mit diesem „nie wieder an einen Tisch“ setzen zu wollen. Er werde „in der Koalition wieder ein wichtiges Wörtchen mitreden“, stellte Schill nun klar. Beusts Sprecher Christian Schnee hingegen blieb wolkig: „Das Problem lösen wir, wenn es sich stellt.“

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