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Archiv-Artikel

Mach ma‘ Ballett

Ein freundliches „fuck you“ an den Gerichtsvollzieher: Neue Ideen auf der Berlindesignmesse in der Backfabrik

Auch wenn in Berlin oft genug nicht geht, was wünschenswert wäre, weil dafür ganz einfach das Geld fehlt – im Netzwerken sind die hiesigen Kreativen dafür umso besser. Man muss sich in dieser armen Stadt zusammenschließen, um wahrgenommen zu werden. Dieses Konzept verfolgt der vor drei Monaten eröffnete Berlinomat-Laden auf der Frankfurter Allee ebenso wie das Netzwerk berlindesign.net, das an diesem Wochenende zum zweiten Mal in der Backfabrik ausstellen ließ. Dort hatte man dann auch den Eindruck, dass die gewünschten Synergieeffekte eintreten. Obwohl der hallenartige Raum in dem frisch renovierten Unternehmenszentrum auf den ersten Blick nicht gerade zum Kuscheln einlud, hatten die Besucher es zwischen den Mode-, Möbel- und Schmuckausstellern ziemlich gemütlich.

Vielleicht war es der charmant dahin polternde und trotzdem diskrete Lokalpatriotismus, der die Menschen zusammenbrachte. Da gab’s zum Beispiel T-Shirts zu dem unter Designprämissen sehr anständigen Preis von 20 Euro, auf denen kernige Berliner Formulierungen wie „Sosieteteeinfachmaauhess“ geschrieben standen. Wozu aber „Machmaballettmutti“ auffordern soll, das war den Umstehenden auch nach längerer Diskussion ein Rätsel. Besonders bei den Einrichtungsgegenständen gab es Grund zum Staunen. Zum Beispiel, dass es Sitzmöbel gibt, die hauptsächlich aus Porzellan bestehen und sich trotzdem ganz gut anfühlten, sowie tolle Wandtapeten, die einen nicht auf eine vermutlich sterbenslangweilige Südsee-Palmeninsel, sondern wirklich weit weg driften lassen. Auch in Berlin, wo die Menschen in geräumigeren Wohnungen als in anderen Großstädten leben und ökonomische Platzausnutzung nicht die erste Prämisse sein muss, beschäftigen sich Designer offensichtlich gerne mit Möbeln zum Falten und Klappen. Man mag’s halt clever – da ist ja auch nichts falsch dran. Eine mehr als clevere Idee hatte Rüdiger Stern mit seiner Hello-furniture-Serie. Die zum Buchstaben geformten Möbel, die sich sowohl zum Sitzen als auch zum Aufbewahren von Tonträgern und anderen Dingen eignen, sind todschick, und man kann damit prima Sprüche klopfen. Da wünscht man sich eine wirklich riesige Wohnung, in der, wenn der Geldeintreiber vom Finanzamt kommt, ein hübsches „fuck you“, gefüllt mit der hoffentlich unpfändbaren Plattensammlung, quer im Zimmer steht. STEPHANIE GRIMM

Infos unter www.berlindesign.net