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Archiv-Artikel

Vom Campus vor das Rathaus

STUDENTENPROTEST Der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft drohen massive Einsparungen. Die Studierenden wehren sich

Nun trete ein, was befürchtet wurde: dass Studiengebühren teilweise die öffentliche Finanzierung ersetzten.

VON HELGE SCHWIERTZ

Das Seminar fängt um 14 Uhr cum tempore an, einige Studierende kommen später hinzu. Professorin Andrea Liesner hält ihr Seminar „Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft“. Doch der Hörsaal wird heute mit dem öffentlichen Raum getauscht: Die Veranstaltung findet auf dem Rathausmarkt statt, um ein Zeichen gegen die aktuelle Hochschulpolitik zu setzen.

Während die knapp 50 Studierenden zusammenrücken, um besser hören zu können, kommt eine Polizistin und nimmt die Personalien von Liesner auf. Liesner wehrt sich dagegen: „Dies ist keine Demo. Das ist ein klassisches Seminar! Wir haben auch Studierende, die ein Referat halten.“ Die Polizeibeamten, die wenig später zur Verstärkung anrücken, nehmen dennoch ein Transparent mit auf die Wache und stellen Strafanzeige gegen sechs Studierende, denen sie vorwerfen, eine unangemeldete Versammlung abzuhalten.

Das ungewöhnliche Seminar ist Teil eines Protestes, der seit Montag läuft und sich gegen die geplante Kürzung des Etats der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft (EPB) richtet. Das Präsidium der Universität wolle deren Budget um 11 Prozent kürzen, sagt Till Petersen vom Fachschaftsrat Erziehungswissenschaft. Das eingesparte Geld werde voraussichtlich an die Fakultäten der Wirtschafts- und der Naturwissenschaften weitergeleitet. Die Uni Hamburg wollte dazu noch nicht Stellung nehmen.

„Die genauen Zahlen werden von der Universität bewusst nicht veröffentlicht“, sagt Petersen. Er nehme aber an, dass das Budget der Uni Hamburg leicht erhöht werde. Davon würden aber nicht alle profitieren: „An unserer Fakultät wird es Kürzungen geben“. 1,5 Millionen werden voraussichtlich weniger zur Verfügung stehen – dieselbe Summe, die durch Studiengebühren eingenommen wird. Nun trete das ein, sagt Petersen, was immer befürchtet wurde: dass die Studiengebühren teilweise die öffentliche Finanzierung ersetzten.

Die Protestwoche sei vom Fachschaftsrat der Erziehungswissenschaften einberufen worden, sagt Lehramtsstudentin Angelika Krause: „Es gibt aber auch viele kleine AGs, in denen wir diskutieren, was wir mit dem Protest erreichen wollen.“ Neben der drohenden Unterfinanzierung gebe es auch eine „allgemeine Unzufriedenheit“. Durch die Einführung des Bachelors hätten die Studierenden bezüglich ihrer Kurse kaum Wahlmöglichkeiten mehr und müssten einen „Laufzettel“ abarbeiten. So etwas kenne sie sonst nur von ihrer Ausbildung, sagt Krause: „Eine Uni sollte eigentlich breit gefächerte Bildung schaffen.“

Einige Professoren haben sich der Kritik angeschlossen und dazu aufgerufen, statt der normalen Kurse die Vorlesungen und Workshops der Protestwoche zu besuchen. Morgen soll es beim Café Knallhart auf dem Uni-Campus ein Festival geben, am Freitag wird für 14 Uhr zur Abschluss-Demonstration aufgerufen, die am Dammtorbahnhof beginnt.