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Archiv-Artikel

Flaschen im Einsatz

GERICHT Beim Besuch einer Rockerkneipe wurden drei Punks beworfen und verprügelt. Doch die Aufklärung des Übergriffs ist kompliziert

Es sollte ein politischer Ausflug werden. Ende April hatten sich vier Punks aus Thüringen auf den Weg nach Berlin gemacht, um an den 1.-Mai-Feiern teilzunehmen. Ordentlich betrunken wollten sie am Abend des 29. April in den Kundenräumen einer Sparkasse in Schöneweide übernachten – die sind schließlich mit einer EC-Karte für jeden offen. Doch dann gerieten sie in eine Schlägerei – und alles lief plötzlich ganz anders. Am Dienstag waren drei der Punks als Zeugen ins Gericht geladen.

Gegen das Trio – alle mit Glatze – wirkten die beiden Angeklagten brav. Sie sollen die Punks vor einer Kneipe mit Flaschen beworfen und brutal getreten haben. Nun saßen sie bei ihren Verteidigern und folgten still der Vernehmung.

Doch eine vollständige Rekonstruktion der Geschehnisse vom 30. April 2006 war auch nach vierstündiger Verhandlung nicht möglich. Klar ist, dass die Punks – die jetzt eher wie Skinheads aussehen – am Abend ein Konzert in Schöneweide besucht haben. Gegen 3 Uhr morgens machten sie sich in Richtung Sparkasse auf, beschlossen jedoch, zuvor noch ein Bier im Lokal „Spreehexe“ – eine Rockerkneipe – zu trinken. Dort kam es zum Streit, der kurz nach 4 Uhr von der Polizei aufgelöst wurde.

Im Prozess sagten die drei Punker aus, dass ihnen die ersten Flaschen bereits entgegenflogen, als sie sich dem Kneipeneingang nährten – laut Anklageschrift ohne ersichtlichen Grund oder eine vorausgegangene Provokation. Anstatt sich zu entfernen, beschlossen die drei jedoch, „hinzugehen und die Sache zu klären“.

Woher die Flaschen kamen und wer letztlich begann zuzuschlagen, ging aus den Aussagen der Punks und der Stellungnahme eines der Angeklagten nicht hervor. Der 24-Jährige gab vor Gericht zu Protokoll, dass er an besagtem Abend lediglich einen Freund aus dem Pulk zurückzog, sich ansonsten von der Schlägerei fernhielt.

Ebenfalls keine weiteren Erkenntnisse lieferte ein Beamter, der vor drei Jahren das Polizeiformular ausgefüllt hatte. Der 51-Jährige konnte sich vor Gericht nicht erinnern, ob er in der Nacht vor der Spreehexe im Einsatz war oder lediglich Bericht erstattete. Schwierigkeiten bereitete dem Gericht auch die Vorladung von weiteren möglichen Zeugen – so fehlen die Adressen von drei bei dem Streit wohl anwesenden Männern. Eine Frau aus Thüringen sagte ihr Kommen kurzfristig ab. Ob sie zur Fortsetzung der Verhandlung am 5. Mai erscheinen wird, schien dem Gericht zweifelhaft. TERESA SITZMANN