Da war die Mehrheit plötzlich weg

CDU kassiert im Innenausschuss Abstimmungsniederlage bei Polizei-Sparmaßnahmen. Während die Union ihre Wunden leckt, frohlocken Opposition und Gewerkschaften

Nein, keine Nachfragen. Das Handy von Bruno Claußen, seines Zeichens Hauptkommissar bei der Hamburger Polizei und Hinterbänkler der CDU-Bürgerschaftsfraktion, blieb gestern aus. Offizieller Grund: Eine Fortbildung, bei der permanente Klingeltöne äußerst störend wirken könnten.

Dass Claußens angeschaltetes Handy jede Veranstaltung gesprengt hätte, kann als gesichert angesehen werden. Denn der 58-jährige Parlamentarier hatte am Abend zuvor seine Fraktion in eine tiefe Krise gestürzt. Zusammen mit den Abgeordneten von SPD und GAL stimmte der Neuparlamentarier, der erst seit Februar in der Bürgerschaft sitzt, im Innenausschuss seine Fraktionskollegen nieder.

Ein SPD-Antrag, der die Bürgerschaft auffordert, die geplanten Sparmaßnahmen bei Polizei und Feuerwehr abzulehnen, passierte am Montagabend das parlamentarische Gremium denkbar knapp mit sechs gegen fünf Stimmen. Das entscheidende Votum kam von Claußen, der schon zuvor angekündigt hatte: „Das ist mit mir nicht zu machen.“

Zum ersten Mal hat es die CDU damit nicht geschafft, ihre Reihen geschlossen zu halten und sich die Mehrheit zu organisieren. „Eine schallende Ohrfeige für die CDU“, jubiliert ganz unverhohlen der SPD-Innenexperte Andreas Dressel, um seinem Abgeordnetenkollegen im selben Atemzug „hohen Respekt für diese mutige Entscheidung“ zu zollen.

Der Sozialdemokrat weiß, dass es nun spannend wird, wenn die gerade beschlossene Empfehlung des Innenausschusses voraussichtlich am 14. Dezember in der Bürgerschaft zur Abstimmung steht: „Es gibt viele Zweifler in der CDU, die diese Spardiskussion mit der Faust in der Tasche verfolgen“. Deshalb solle es sich die Union „gut überlegen, ob sie es darauf ankommen“ lassen wolle, dass es ihr gelingt den Abweichler Claußen in der Fraktion zu isolieren. Denn stimmen Mitte Dezember zwei weitere der 63 CDU-Parlamentarier wie Claußen mit der Opposition, kippt auch hier die Mehrheit auf die Seite von Rot-Grün. Die Blamage wäre perfekt, die Regierungsfähigkeit der CDU in Frage gestellt.

Während die GAL von einer „selbst gestrickten Niederlage für den Innensenator“ spricht und die Deutsche Polizeigewerkschaft ihren „Erfolg“ feiert, bemühen sich die Christdemokraten, die Abstimmungsniederlage kleinzureden. „Ärgerlich, aber nicht tragisch“ findet CDU-Fraktionssprecher Hein von Schassen den Alleingang Claußens, und der innenpolitische Sprecher der CDU, Christoph Ahlhaus, wird nicht müde zu betonen, das Votum des Ausschusses werde „die Abstimmung in der Bürgerschaft nicht beeinflussen“.

Doch die vier Wochen bis dahin wird Ahlhaus noch kräftig zittern müssen. Marco Carini