: Oberschule als „erste Säule“
ZWEI SÄULEN Grüne wollen neuem Schulgesetz zustimmen: Sie halten „Oberschulen“ für Realisierung des Gesamtschul-Prinzips. Bildung von Behinderten ist langfristiges Ziel
VON KLAUS WOLSCHNER
„Die Oberschulen fußen auf dem Grundprinzip der Gesamtschule“, mit dieser Erfolgsmeldung haben gestern die Grünen erklärt, warum sie dem neuen Bremer Schulgesetz zustimmen wollen. Heute beginnen die Gremien-Beratungen des neuen Entwurfes, in dem die Details für das zukünftig geltende „Zwei-Säulen-Modell“ festgeschrieben sind. „Grundprinzip der Gesamtschule“ soll bedeuten, dass in den Klassenstufen 5 und 6 wie in der früheren „Orientierungsstufe“ keine Leistungsdifferenzierung zwischen Gymnasial- und Sekundar-Niveau bestehen soll, ab Klasse 7 soll es dann besondere Kurse mit „erweitertem Niveau“ (E) in Englisch und Mathe geben, ab Klasse 8 auch in Deutsch, ab Klasse 9 zusätzlich in den Naturwissenschaften. Wenn Oberschulen, insbesondere die bisherigen Gesamtschulen, die Leistungsdifferenzierung „innerhalb des Klassenverbandes“ auch in den Kernfächern länger erhalten wollen, können sie eine Genehmigung entsprechender Konzepte beim Bildungssenator beantragen.
Nach der Wertung der Grünen liegen die wesentlichen Neuerungen in den „flächendeckenden Sprachtests“ vor der Einschulung und verstärkter Sprachförderung, in der langfristig geplanten Integration der Förderzentren für Lernbehinderte in die Regelschulen und in der Verstärkung des Anteils „integrativ arbeitender Oberschulen“ im bremischen System. Als „zweite Säule“ sollen für rund 20 Prozent der SchülerInnen acht durchgehende Gymnasien in ihren gegenwärtigen Größen erhalten bleiben.
Da beginnen allerdings Probleme: Die schlichte Unterscheidung in Gymnasien, die in acht Jahren zum Abitur führen, und Oberschulen, deren gymnasialer Bildungsweg neun Jahre dauert, muss aufgegeben werden, wenn man nicht das Risiko eingehen will, dass sich die Gymnasien „weiter aufblähen“, formuliert Fraktionschef Matthias Gündner das Problem: Eltern, deren Kinder die entsprechenden Leistungen erbringen, haben nach Auskunft der Bildungsjuristen einen Rechtsanspruch auf einen Gy-8-Bildungsgang. damit sie sich nicht in Gymnasien einklagen können, sollen einzelne Oberschulen daher das Gy-8-Angebot machen. Dazu soll eine komplette äußere Leistungsdifferenzierung ab Klasse 7 in Oberschulen ermöglicht werden. Gymnasien können allerdings nicht zurück zu dem „Gy-9“-Bildungsgang – das schließt das Schulgesetz aus. Auch da gibt es wiederum eine Ausnahme: Am Schulstandort Obervieland soll das möglich sein, dort soll ein „Reformgymnasium“ entstehen, bei dem voraussichtlich zwei Drittel der Schülerschaft nicht das „erweiterte“ gymnasiale Niveau erreichen. CDU und FDP hatten den „Etikettenschwindel“ abgelehnt.
Für Güldner ist klar: Das Schulgesetz ist eine Sache der Koalition, Kompromisse mit der CDU als Partnerin im Schulkonsens sind nicht erforderlich. Das sieht die CDU natürlich anders. „Der Schulkonsens muss sich im Schulgesetz abbilden“, sagt Claas Rohmeyer. Die CDU will das Thema „äußere Leistungsdifferenzierung“ in der weiteren Beratung ansprechen: Dass in den Klasse 5 und 6 an den Oberschulen „nur binnendifferenziert“ unterrichtet werden dürfe, entspreche nicht dem Schulkonsens, findet der CDU-Politiker.
Nachfragen will Rohmeyer auch, wie die Integration der Förderzentren für geistig, körperlich und lernbehinderte Kinder konkret aussehen soll. Diese SchülerInnen sollten ganz normale Regelschüler werden, sagt der Bildungspolitiker der Grünen, Björn Fecker. Auf den Unterricht soll sich die „inklusive Beschulung“ aber nur je nach Behinderungsgrad auswirken. „Da brauchen wir eine Übergangszeit von vielleicht zehn Jahren“, räumt auch FraktionschefGüldner ein. Das Schulgesetz gebe die Richtung vor – über das Tempo werde noch beraten: „Die Schulen sollen sich auf den Weg machen.“