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Archiv-Artikel

Der Wahnsinn steht immer hinter dir

Der polnische Autor Ingmar Villqist hat in der Essener Zeche Elisabeth sein Monodrama „Vernissage“ uraufgeführt.Ein Stück über das Außenseitertum eines verkannten Künstlers und die Oberflächlichkeit des Kunstbetriebs

Zuweilen hat man das Gefühl, dass es sich bei Max Hauser nicht um einen Künstler handelt, sondern um einen langsam dem Wahnsinn anheim fallenden Taugenichts. Aber so kann es eben gehen, wenn sich niemand für das vermeintliche Genie interessiert, wenn die Bilder verstauben, die Kritiker und Kunstsammler andere Werke bevorzugen. Da drehen manche halt durch. Wohl oder übel.

So ergeht es ihm, dem einsamen Maler Max, um den der polnische Autor und Regisseur Ingmar Villqist sein Monodrama „Vernissage“ geschrieben hat. Am Samstag wurde es im Rahmen der Essener Lichtwochen in der Zeche Königin Elisabeth uraufgeführt. Und im Dezember wird das Stück auf eine polnische Bühne verfrachtet. Dort können die Besucher dann erleben, wie sich Max im üblichen Vernissage-Geschwurbel versucht, Worthülsen herauswürgt, Nettigkeiten breit sülzt. Allerdings ohne Erfolg. Denn „Vernissage“ ist ein Stück über die Erfolglosigkeit, über das Versagen, das Außenseitertum. Wer den Ansprüchen nicht genügt, wer gerade nicht das Glück hat, einer künstlerischen Mode zu entsprechen, wird von allen verachtet.

„Vernissage“ ist ein Monodrama, das sich auf die Fähigkeiten des allein agierenden Schauspielers verlassen muss, auf seine Bühnenpräsenz, seine Sprache. Leider schlägt das häufig fehl. Andrzej Dopierala müht sich in der Rolle des Max, wankt zwischen Wahn und Witz, hat auch gute Momente, kämpft in seinen Monologen aber mit dem richtigen Timing. Vermutlich auch deshalb, weil er das Stück synchron auf Deutsch und Polnisch einstudierte. Das mag als Entschuldigung gelten, ändert aber nichts an der Langatmigkeit, die bei der höflich lang beklatschten Premiere aufkam.

Die Bühne, ausgestattet von Eugen Bednarek und Andrzej Dopierala, ist klein und spartanisch hergerichtet. Nichts, außer einem Telefon mit Hummer am Hörer, gepolsterten Sitzen und großformatigen Bildern ziert das Innere des alten Zechengebäudes. In dieser Atmosphäre, die mal Atelier, mal Galerie ist, ringt Max mit den Werten einer oberflächlichen Gesellschaft – und verstrickt sich in Widersprüchen. Denn eigentlich, meint er, müssten die Menschen zu ihm kommen, um seine Kunst zu betrachten – nicht er zu ihnen. Letztlich aber gibt er sich dennoch hin, organisiert eine Ausstellung, wartet auf Besucher, bettelt um die Gunst einer Kritikerin. Vergebens, wie soll‘s anders sein. „Ehrliche Kunst überdauert Jahrhunderte“, hofft Max. Und: „Alle Künstler sind Indianer. Wir ergeben uns nie.“

BORIS R. ROSENKRANZ

Bis 27.11. täglich, 19.30 UhrMorgen in polnischer SpracheZeche Königin Elisabeth, EssenInfos: 0201-780858