: Odysseus mit Benzin
Von West nach Ost: „Freischwimmer“ auf Kampnagel
Im Rahmen des „Freischwimmer“-Nachwuchsfestivals auf Kampnagel standen am Freitag Odysseus Dia-Abend Spezial von FarADayCage, danach „Im wilden, wilden Osten“ von Steffi Hensel und Nico Dietrich auf dem Programm. Da die Odysseus-Crew um den Regisseur Tomas Schweigen die USA bis dato allerdings nur aus Film und Fernsehen kannte, flog man höchstpersönlich hin und fuhr durch den Osten, im Gepäck die Idee, ein Roadmovie zu machen,und als zusätzliche Inspiration: Homers Odyssee.
Und siehe da: was die fünf AkteurInnen mitbrachten, war gut: Auf karger Bühne zeigten sie eine humorvolle Collage aus Dias, aus dem Auto gefilmten Landschaften, Odysseus-Textfetzen, Gitarrenspiel und Gesang. Bei denen einem auch mal das Lachen im Halse stecken blieb, beispielsweise beim Abspielen einer Schwarzenegger-Rede, in der die Amerikaner zur Wiederwahl George W. Bushs aufgefordert werden. Oder als die Angst vor Hurricane-Stürmen um sich greift und Odysseus per Telefon ein Motelzimmer buchen will, was fast daran scheitert, dass er nur eine Schweizer Kreditkarte hat. Hier schien nichts übertrieben; alles wurde angenehm unprätentiös dargeboten.
Eine andere Baustelle nahm die Berliner Produktion Im wilden, wilden Osten, in den Blick – ein Stück, das 1992 in Premnitz entstand. „Country Kalle“, blinder Ex-Feuerwehrmann des geschlossenen Chemiefaserwerks, stellt das alljährliche Countryfest auf die Beine, bei dem auch seine Lieblings-Sängerin „Rockin‘ Rose“ auftritt. Leider interessiert das niemanden, daher sind nur drei Leute da: Kalle, seine mit dem Rechtsradikalismus flirtende Tochter Cindy Zitrone und Punker Paule, Cindys alter Kumpel, der pyromanisch veranlagt und linksautonom ist. Es ist komisch und traurig, wenn Musik wie „Light my fire“ als Easy-Listening-Version dargeboten wird, wenn man sieht, wie Rose Kalle zum Narren hält und Cindy den Benzinkanister streichelt. Doch die Geschichte gerät am Ende fast noch zur Love-Story, als Cindy und Paul sich annähern und Cindy versucht, ihm Dirty Dancing beizubringen.
Barbara Schulz
Das „Freischwimmer“-Festival dauert noch bis zum 27.11. www.kampnagel.de