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Archiv-Artikel

Nach Arafat soll alles besser werden

Trotz der Entwicklung im Irak blicken Tony Blair und George Bush im Nahen Osten optimistisch in die Zukunft

Arafats Tod eröffnet neue Möglichkeiten im Nahen Osten. Davon ist der britische Premierminister Tony Blair überzeugt. Er spekulierte bei seinem Washington-Besuch vor zwei Wochen über die großartige Chance für den Friedensprozess, die das Ableben des Palästinenserführers biete. Allerdings, so schränkten sowohl Blair als auch US-Präsident George W. Bush ein, könne es bei der Errichtung eines palästinensischen Staates nur dann Fortschritte geben, wenn die Palästinenser bereit seien, sich der Demokratie zu öffnen. Demokratie? Hatte Arafat nicht die Wahl, die international überwacht wurde, mit überwältigender Mehrheit gewonnen?

Arafat war der falsche demokratisch gewählte Präsident. Bush und Blair meinen eine andere Demokratie, das kann man im Irak ablesen. Der Irak werde „die Beziehungen zwischen der muslimischen Welt und dem Westen definieren“, sagte Blair bei einem Bankett vor fast genau einem Jahr: „Das wird die Entwicklung der arabischen Staaten und des Nahen Ostens stark beeinflussen. Das wird weit reichende Folgen für die Zukunft der US-amerikanischen und westlichen Diplomatie haben.“ Der Irak sollte das Modell für den gesamten Nahen Osten, eine Art Katalysator sein.

Ein Jahr später liegt ein großer Teil des Irak außerhalb der Regierungskontrolle und muss erneut „befreit“ werden. Vorige Woche führten US-Truppen mit Rückendeckung durch britische Soldaten Offensiven gegen Falludscha und Mossul durch, um demokratischen Wahlen den Weg zu bereiten. Falls die Gefahr drohen sollte, dass bei den Wahlen am 30. Januar die prowestlichen Politiker unterliegen, wird das Ergebnis frisiert oder die Wahlen werden verschoben.

Sieht so das Modell aus, das Blair für Palästina vorschwebt? Großbritannien ist, ebenso wie die USA, seit mehr als einem halben Jahrhundert in den Nahostkonflikt verstrickt, seien es Flucht und Vertreibung von 1948, die Besetzung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens von 1967 oder der permanente politische Druck gegen Arafat. Bush verlangte 2002, den Palästinenserpräsidenten zu stürzen, und ermutigte Israel dadurch, ihn in seinem Amtssitz in Ramallah einzusperren. Blair und Bush haben offenbar eigene Demokratievorstellungen.

Das Problem im Nahen Osten ist nicht der Mangel an Demokratie, sondern Besetzung und fehlende Selbstbestimmung. Die palästinensische Verwaltung hat kaum mehr als eine Vermittlerfunktion und agiert als Hilfspolizei für Israel. Davon war aber nicht die Rede, als Blair bei seinem Washington-Besuch mit Bush sprach.

Es geht ihnen vielmehr um die Einsetzung von prowestlichen Marionetten wie im Irak, die gegen die bewaffneten Gruppen vorgehen und sich mit einem begrenzt selbstständigen Staatengebilde zufrieden geben, während sie weiter reichenden Bestrebungen abschwören. Das kann nicht funktionieren. Arafat hatte eine breite Unterstützung. Wenn er bezweifelte, dass er die Zustimmung für einen Deal à la Bush und Blair gewinnen könnte, dann schafft es sein Nachfolger erst recht nicht. Blair argumentierte, dass die Verbreitung westlicher demokratischer Werte der beste Schutz vor Terrorismus seien. Der französische Präsident Jacques Chirac warnte ihn bei seinem London-Besuch am Freitag, er möge Demokratisierung und Verwestlichung nicht verwechseln. RALF SOTSCHECK