: Der Trip leuchtet
Eine Dokumentation über Kunst und LSD im Schweizer Nachtschatten Verlag
Anfang des Jahres war der 60. Geburtstag von LSD. Deshalb gab es in der Züricher Galerie Incontro eine „Psychonautische Landkarte 2“ betitelte Ausstellung mit 60 KünstlerInnen aus acht Ländern, die sich mit den Auswirkungen von LSD auf das künstlerische Schaffen bildender Künstler beschäftigte. Nun ist in dem auf Rauschkunde spezialisierten Schweizer Nachtschatten Verlag ein Buch erschienen, das die Ausstellung dokumentiert.
LSD hat viele Spuren in der Popkultur hinterlassen, vor allem in Musik und Film (die psychedelischen Folgen der Simpsons oder auch die legendäre Zwölfminuten-Version von „Strawberry Fields Forever“). Die bildende Kunst hat es schwerer, Räusche abzubilden, weil sie die Ebenen von Zeit und Zeitverschiebung, das schöne Aufgehen im Augenblick, das für alle stärkeren Räusche charakteristisch ist, nicht wirklich fassen kann. Die Halluzinationen, die jemand auf LSD haben mag, wirken ohne die begleitenden Rauschgefühle oft etwas plakativ und kitschig.
Überhaupt ist „die Wiedergabe außergewöhnlicher Bewusstseinszustände in künstlerischen Ausdrucksformen nicht immer als solche zu erkennen, oftmals sind sie stark abstrahiert oder verschlüsselt dargestellt und nur über bestimmte Kodes zu verstehen“, wie Wolfgang Sterneck in dem dann doch reich bebilderten Buch schreibt. Dabei scheint die Illegalität und das Nichteingebettetsein der Droge in ältere kulturelle Systeme, Riten, Religionen wiederum zur übertriebenen Identifikation mit der Droge zu führen und zu einem tendenziell spießigen Legitimationszwang derer, die sie benutzen.
So schwankt die LSD-Kunst zwischen Esoterik, Surrealismus und Art Brut, manchmal meint man ein Augenzwinkern unter Eingeweihten zu erkennen. Es gibt allerlei Symbolismen à la Dali, an Breughel oder „Der Herr der Ringe“ erinnernde Arbeiten und die Versuche, optische Verschiebungen oder psychisches Durcheinander darzustellen, indem so gemalt wird, dass man bei längerem Hingucken immer neue Ebenen, Details, Drehungen entdeckt.
Die meisten Bilder sind sehr bunt und leuchten. Manche erinnern an Fraktale, andere an Werbegrafiken und Jahrmarktbilder, an Mandalas oder an diese Sachen, die sich manche auf ihre Motorräder lackieren. Es gibt Groteskes oder auch irgendwie Banales, manches kommt auch kalt kristallin daher. Der Begriff „Psychonaut“ stammt übrigens von Ernst Jünger; das LSD-orientierte Computerspiel „Drops“ würde man gern mal spielen, und ein bisschen ärgert man sich über so eine gewisse Schludrigkeit in der Gestaltung des Buchs, in dem es weder biografische Angaben zu den Künstlern noch zur Größe der Originalbilder gibt.
DETLEF KUHLBRODT
Claudia Steiner/Radovan Hirsl: „Psychonautische Landkarte“. 96 Seiten, Nachtschatten Verlag, Solothurn 2003,23 €