: „Kurzer Frühling der Annäherung ist vorüber“
Opposition sieht nach Spitzentreffen trotz Enquetekommission wenig Kooperation bei Rot-Rot. FDP-Fraktionschef verlangt Regierungserklärung. Die PDS schließt nicht aus, dass das Parlament den Haushalt erst im März beschließt
Die rot-rote Koalition und die Opposition haben sich gestern in einem Treffen der Fraktionschefs zwar auf eine Enquetekommission zu den Landesfinanzen verständigt. Ein Austausch über einen neuen Sanierungsplan für Berlin, wie ihn sich CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer erwartete, blieb hingegen aus. „Ich habe meine Zeit in dieser Runde verschwendet“, sagte der CDUler hörbar genervt. FDP-Fraktionschef Martin Lindner fordert vom Regierenden Bürgermeister eine Regierungserklärung: In der Parlamentssitzung am 11. Dezember solle Wowereit Klartext über den Sanierungskurs reden.
Zimmer sieht bei der SPD-PDS-Koalition keine Verhandlungsbereitschaft. Offenbar habe nur die Verunsicherung nach der Niederlage am Verfassungsgericht Rot-Rot kurzzeitig gesprächsbereit gemacht. „Der kurze Frühling der Annäherung ist vorüber“, sagte er der taz .
Währenddessen gilt es in der Koalition nicht als sicher, dass der Haushalt 2004/2005 – derzeit wegen des Urteils auf Eis gelegt – im Januar im Abgeordnetenhaus beschlossen wird. Diesen Termin erhoffen sich zwar weiter Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und SPD-Fraktion. „Allerspätestens März“ aber nannte PDS-Fraktionschef Stefan Liebich gestern als Limit. Der Senat will Änderungen am Etatentwurf in einer Klausur am 8./9. Dezember beraten, eine Woche später beschließen und am 17. Dezember dem Hauptausschuss des Parlaments vorlegen. Die Opposition hält an ihrer Drohung fest, auch gegen diesen Haushalt zu klagen.
Die gestern festgezurrte Enquetekommission – enquete, französisches Wort für Untersuchung – soll vom Abgeordnetenhaus am 11. Dezember beschlossen werden und im Januar erstmals tagen. SPD und PDS benennen 12 und damit die Mehrheit der 21 Mitglieder des Gremiums, dem zur Hälfte außerparlamentarische Experten angehören sollen. Den Vorsitz haben CDU oder Grüne. Laut Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sollen bis September 2004 konkrete Ergebnisse vorliegen.
Damit diese Ergebnisse noch in die Finanzplanung für 2005 eingehen können, hatten CDU, FDP und Grüne gefordert, keinen Doppelhaushalt, sondern nur einen Etat für 2004 zu verabschieden. Rot-Rot konterte, die Ergebnisse könnten auch über eine nachträgliche Verbesserung, einen Nachtragshaushalt, einfließen. FDP-Mann Lindner hält diesen Weg für wenig wirkungsvoll: „Da wird nur das Preußische Staatsarchiv ein bisschen mehr gefüllt.“ STEFAN ALBERTI