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Archiv-Artikel

berliner szenen Normalität bestaunen

Männermangel

Es ist schon eins und läuft nicht so gut am Flipper im hinteren Teil der Kreuzberger Kneipe. Eine junge Frau mit glatten blonden Haaren kommt aus dem Klo, lächelt nett. Ich grinse zurück. Sie fragt „wie geht’s?“ und setzt sich an den Tisch, an dem wir zwischen den Bällen sitzen. „Das ist meine beste Freundin“, eine kräftige junge Frau mit Locken, setzt sich auch dahin. Die beiden erinnern an Didi und Stulle, obgleich sie nicht so aussahen.

A ist das Mauerblümchen und B übernimmt die Unterhaltung. Sie sind schon seit fünf Uhr nachmittags unterwegs und zufällig hier gelandet auf der Suche nach „lockeren Hippietypen, wie ihr es seid“. Zwischendurch sagt B immer wieder „Schau doch mal meine Freundin an. Ist sie nicht total süß?“ und tätschelt dabei deren Wange. A verzieht das Gesicht. Solch unkonventionellen Typen wie uns seien sie noch nie begegnet, schmeichelt B. Und ich bin fasziniert von der schönen Normalität der beiden, M meint am Flipper „Oh je. Wie werden wir die wohl wieder los.“ B wird gerade auf Steuerfachfrau umgeschult, während der dritte Weg ihrer Freundin Richtung Industriekauffrau geht. Außerdem sei sie „so verkorkst“ wie alle Kreuzberger – und überhaupt wäre es am besten, nie geboren zu sein. Ihre Freundin A ist „so intelligent“ und leidet unter sexuellem Notstand. B will ihr hier was für eine Nacht besorgen. Er soll intelligent sein. Doch niemand beiße an. „Was ist denn mit deinem anderen Freund da?“ – „Keine Ahnung.“

Ich geh wieder flippern. Der andere Freund setzt sich an den Tisch der zwei beiden. Wir trinken viel und lachen dabei. Dann ist die Kneipe zu. Die Mädchen gehen die Urbanstraße rechts lang, ich gehe nach links, und der Freund ist verschwunden.

DETLEF KUHLBRODT