Patente verteuern Kranksein

Krankenkassen sind gegen das geplante Biopatentgesetz der Bundesregierung. Sie befürchten eine Kostenexplosion bei Medikamenten und Untersuchungen

BERLIN taz ■ Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen sprechen sich in einem gemeinsamen Positionspapier gegen die Patentierung von Genen und genetischen Teilsequenzen aus. Sie befürchten, dass mit einer zu weit gehenden Patentvergabe, so wie die Bundesregierung sie mit dem neuen Biopatentgesetz plant, monopolähnliche Strukturen geschaffen werden, die die Entwicklung neuer Medikamente und Diagnostika verzögern und auch erheblich verteuern würden. So hat sich der Preis für Untersuchungen auf das Brustkrebsgen aufgrund eines Patents von 500 Dollar auf bis 3.500 Dollar verteuert.

„Wir sind nicht gegen Patente, aber sie dürfen nicht zu weit gehen“, sagte Claudia Korf vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) gestern in Berlin bei der Vorstellung des Positionspapiers, das unter anderem von der AOK, der BKK, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen und der IKK getragen wird.

Die Grünen setzen auf eine Doppelstrategie. Im Bundeskabinett konnen sie zwar nicht verhindern, dass die Vorgaben der EU-Biopatentrichtlinie fast vollständig in den von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegten Gesetzsentwurf aufgenommen wurden. Auf Drängen der Grünen wurde jedoch auch ein Kabinettsbeschluss gefasst, der eine Überarbeitung der EU-Richtlinie vorsieht. Voraussichtlich im Frühjahr werde der Bundestag sich mit dem Biopatentgesetz beschäftigen, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Reinhard Loske. „Wir werden dann auch darauf drängen, dass der Bundestag einen Antrag beschließt“, so Loske, „mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich in Brüssel für eine Neufassung der EU-Richtlinie einzusetzen.“

Sowohl die Grünen als auch die Krankenkassen sprechen sich vor allem gegen das in der Richtlinie und im Gesetzentwurf vorgesehene Stoffpatent von Genen und Gensequenzen aus. Nach diesem dürfen isolierte Gene, auch menschlichen Ursprungs, patentiert werden, wenn der Antragsteller eine Funktionsbeschreibung mit angeben kann. Das Stoffpatent erstreckt sich dann auch auf Funktionen, die erst viel später entdeckt werden. „Die Auswirkungen auf die Forschung sind fatal“, heißt es dazu in dem Papier der Kassen. Umfragen in den USA hätten ergeben, dass ein Viertel der befragten Labore schon einmal wegen einer Patenterteilung ein Forschungsprojekt im Bereich der menschlichen Gene abgebrochen hätten. Und 53 Prozent hätten wegen eines Patents erst gar nicht angefangen, ein konkretes Gen zu beforschen.

WOLFGANG LÖHR