: Von NRW lernen heißt tanzen lernen
Was hat zeitgenössischer Tanz an Schulen zu suchen? Eine ganze Menge, waren sich Experten bei einem Symposium im tanzwerk einig – die produktiven Bremer Ansätze darben allerdings an finanziellen Engpässen. Derweil geht die „tanzstadt Bremen“ mit den „tanzköpfen“ schon in seine dritte Runde
Bremen als Tanzstadt ist seit Jahrzehnten ein Begriff. Mit dem Projekt „tanzstadt: Bremen“ sollen nun die Kräfte gebündelt werden, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Zum Beispiel: Tanz in der Schule. Hierbei geht es nicht um Ballettunterricht, sondern um zeitgenössischen Tanz für Kinder und Jugendliche. Die Bewegungsarmut einer ganzen Generation wird schon seit langem beklagt.
Was Tanz in den Schulen alles ermöglicht, wurde im Rahmen eines Symposiums deutlich, dass das Bremer tanzwerk im Rahmen der Initiative „tanzstadt Bremen“ organisierte. Die versammelten Experten waren sich einig: Tanz fördert neben der Fitness die Kreativität, das Körperbewusstsein und die soziale Kompetenz. Auch der kulturpolitische Aspekt zähle: Gerade zeitgenössischer Tanz bleibt einem breiten Publikum unzugänglich, weil die Erfahrung mit ihm fehlt. Ohne Verständnis oder Vertrautheit mit einer Kunstform entstehe aber keine Bereitschaft, sie zu nutzen, zu erhalten und zu fördern. Insofern sei künstlerische Breitenarbeit auch ein Förderinstrument zur Konsolidierung und Entwicklung eines zukünftigen Tanz- und Theaterpublikums.
Erste Schritte ist man in Bremen bereits gegangen. Beim „whirlschool“-Projekt vom tanzwerk erarbeiten Tänzer seit 1998 Choreografien in Schulen. Fünfzig Schulen und 1.000 Schüler haben an den dreimonatigen Projekten seitdem teilgenommen. 20.000 Euro kostet „whirlschool“ pro Jahr. Davon zahlt momentan der Kultursenator 7.500 Euro, 8.000 kommen von einer Stiftung.
Nordrhein-Westfalen ist mit dem Thema „Tanz in der Schule“ allerdings schon einen Schritt weiter, wie durch Linda Müller vom dortigen „Landesbüro Tanz“ deutlich wurde. Dessen Aufgabe ist die Lobbyarbeit für den zeitgenössischen Tanz. Das neueste Projekt des Büros will den Tanz in Ganztagsgrundschulen etablieren: Seit dem vergangenen Schuljahr wird an 28 solcher Schulen Tanz angeboten, vierhundert Kinder nahmen daran teil.
Das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder musste zuerst überzeugt werden, „die dachten am Anfang, wir reden von Standardtanz“, so Projektleiterin Linda Müller. Das Bildungsministerium bezahle mit 64.000 Euro den Rahmen, die Schulen müssen für den Unterricht der Tanzpädagogen selbst aufkommen. Erste Ergebnisse: Die Kinder seien begeistert, die Schulen auch und wünschten sich eine Fortsetzung.
Vorbild für NRW waren die Niederlande. Tanz in der Schule ist hier aufgrund des anderen Schulmodells seit zehn Jahren selbstverständlich. In Bremen zeigt seit einigen Jahren auch das moks-Theater Tanztheaterstücke für Kinder. Rebecca Hohmann, künstlerische Leiterin des Theaters, berichtete von den Anfängen: „Wir hatten keine Ahnung von Tanztheater, als wir mit dem Choreographen Wilfried van Poppel anfingen. Wir kamen vom Theater und wollten eine Geschichte erzählen. In den nachfolgenden Produktionen ist die Geschichte immer abstrakter geworden.“
Bei der Etablierung des Tanzes beginnt die Aufklärungsarbeit zuerst bei den Lehrern: Claudia Hanfgarn leitet das „Tanzpädagogische Projekt Schultanz“ (TAPST) in Bremerhaven und hat „gegen einen großen Widerstand der Lehrer ankämpfen müssen, die am Anfang mit dem Tanz gar nichts anfangen konnten.“
Noch sind die Pläne, den Tanz langfristig in Bremens Schulen etablieren zu können, Luftschlösser. Zur Realisierung bedarf es vor allem finanzieller Mittel. „Die Nachfragen von den Schulen sind doppelt so groß, wie wir mit unseren finanziellen Möglichkeiten decken könnten“, betont Rolf Hammes vom tanzwerk. Mit weiter steigender Nachfrage wird gerechnet.
Anna Postels