: PDS – Parteitag der Studenten
Ihren Landesparteitag absolviert die PDS im piekfeinen Maritim-Hotel. Das hat den Vorteil, dass nicht die Partei, sondern das Hotel die Polizei rufen kann, um die Studierenden von Protesten abzuhalten
von ROBIN ALEXANDER
Der Parteitag, den die PDS am Sonnabend und Sonntag veranstaltet, könnte spannend werden. Das liegt weder an den anstehenden Vorstandswahlen – Stefan Liebich ist einziger Kandidat für den Job an der Spitze – noch an inhaltlichen Kontroversen unter den 140 Delegierten. Was vielen Genossen Sorgen macht, könnte von außen kommen: protestierende Studenten, die den Parteitag stören wollen.
Die PDS hat einige Erfahrung darin, Proteste gegen sich, die rot-rote Regierungspolitik oder konkrete Entscheidungen zu entschärfen. Vor zwei Jahren erreichten die Sozialisten einen Parteitag im Rathaus Schöneberg nur durch ein Spalier schimpfender Mitarbeiter des damals von Schließung bedrohten Universitätsklinikums Benjamin Franklin. Die Führung ignorierte die Aggression, forderte die Demonstranten auf, eine Delegation zu wählen, und räumte dieser Rederecht ein. Anschließend klatschen die ob der Senatspolitik arg gescholtenen Delegierten und die Protestler trollten sich im zufriedenen Gefühl, ernst genommen zu werden.
Die Methode „Jeden, der uns beschimpft, bitten wir gesittet hinein“ könnte nun ausgerechnet bei den Studenten nicht funktionieren. Diese haben schon gereizt reagiert, als PDS-Wissenschaftssenator Thomas Flierl sie bei der Besetzung seines Büros als „Gäste“ willkommen hieß. Dass Studenten versuchen werden, den ordnungsgemäßen Ablauf des Parteitages unmöglich zu machen, gilt als sicher. Die Frage ist nur: Wie viele?
Dieser Parteitag findet nicht in einem öffentlichen Gebäude statt, sondern in einem privaten Raum: im Maritim, einem piekfeinen Hotel in der Friedrichstraße. „Dort sind wir nicht Hausherren“, erklärten PDS-Sprecher und meinten: Nicht wir, sondern die Hoteldirektion trägt für den Umgang mit den protestierenden Studenten die Verantwortung.
Wie sie diese wahrnimmt, ist seit Donnerstag kein Geheimnis mehr. Da tagten die Arbeitgeberverbände in der gleichen Halle wie heute und morgen die PDS. 300 Studenten versuchten ins Maritim einzudringen und wurden von Polizisten gewaltsam daran gehindert. Eier und Tomaten flogen, die Polizisten setzten Pfefferspray ein. Eine Wiederholung solcher Ereignisse wäre ein Horrorszenario für die PDS.
Neben Stefan Liebich werden auch seine drei Stellvertreter neu gewählt: Mit Klaus Lederer und Halina Wawzyniak sind zwei Juristen nominiert, die beide nicht älter als dreißig sind. Der dritte Posten geht aller Voraussicht nach wieder an Annegret Gabelin. Vor allem mit Lederer hat die Parteiführung viel vor: Langfristig soll er als potenzieller Nachfolger für den fast gleichaltrigen Liebich aufgebaut werden. Mit dem von Lederer mitverantworteten Konflikt um das Kopftuch hat er sich gut eingeführt: Die SPD-Fraktion und der Innensenator bissen sich die Zähne aus und mussten ein Verbot der islamischen Kopfbedeckung im öffentlichen Dienst erst einmal verschieben.
Mehr solche Konflikte fordert die Lichtenberger Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch. Aber: „Sozialpolitische Themen sind unseren Wählern wichtiger als die Kopftuchdebatte“, sagt sie: Die Senatoren und Liebich müssten „einsehen, dass geräuschloses Funktionieren der Koalition nicht die höchste Kunst ist“.
Lötzsch ist die prominenteste Kritikerin der Doppelfunktion von Stefan Liebich, der außer der Partei auch die Fraktion leitet. Anträge, die ihn zur Aufgabe eines Postens auffordern, sind chancenlos: vor allem, weil sich kein Gegenkandidat fand.
Liebich selbst wird eine positive Bilanz des Senatsbündnisses ziehen. „Ich finde, dass Rot-Rot besser ist als jede andere in Berlin denkbare Koalition.“ Um das Argument plausibel zu halten, zeichnet Liebich die Alternativen in düsteren Farben. Außer auf die FDP schimpft Liebich vor allem auf die Grünen: „Ökoliberale, die in Berlin das letzte Krankenhaus privatisieren wollen“.
Ob das den Delegierten reicht? Seit der Bildung der rot-roten Koalition stimmten immer die Gleichen ab und bestätigten den Kurs der Führung mit satten Mehrheiten. Für den jetzigen Parteitag wurde jedoch in den Bezirken neu gewählt. Ein gutes Drittel der Delegierten wurde ausgetauscht.