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Archiv-Artikel

In Australien ist alles besser

CDU-Fraktion bekennt sich erstmals zu allgemeinen Studiengebühren. 1.000 Euro will sie von jedem Studierenden und zugleich Darlehen für alle. Geldgeber sind aber noch keine gefunden. Die meisten Abiturienten drohen bei Krediten leer auszugehen

Von Eva Weikert

Wolfgang Beuß sieht eine „historische Entwicklung“. Wie der Wissenschaftspolitiker der regierenden CDU gestern verkündete, hat sich seine Fraktion jetzt erstmals in einem Grundsatzbeschluss für allgemeine Studiengebühren ausgesprochen. Die Position erstaunt indes wenig, klagt doch Hamburg vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das allgemeine Abgabeverbot. Spannender sind hingegen die Details des Fraktionsbeschlusses etwa über Gebührendarlehen. „Sozialverträglichkeit ist mir ganz, ganz wichtig“, beteuerte Beuß, ohne jedoch erklären zu können, wie seine Fraktion die meistern will.

Beuß erwartet, dass Karlsruhe das Gebührenverbot Anfang 2005 kippt. Danach, so beschloss die Fraktion, sollen Hamburgs Hochschulen pro Studierendem 1.000 Euro jährlich kassieren dürfen. Damit ist die Fraktion im Konsens mit Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) und den anderen CDU-geführten Ländern. „Die zunehmende Verschlechterung der finanzpolitischen Lage und der Studienbedingungen haben zu einer Bewusstseinsänderung in der Fraktion und bei mir persönlich geführt“, erklärte Beuß.

Notfalls im Alleingang

Das Bafög will die CDU-Fraktion abschaffen. Weil davon nur ein Viertel aller Studierwilligen profitieren, „ist es ein untaugliches System“. Um aber Barrieren für Ärmere zu verhindern, solle der Staat ein Darlehenssystem schaffen. Dieses müsse mit bis zu 600 Euro monatlich auch die Lebenshaltungskosten umfassen und nach dem Studium einkommensabhängig zurückgezahlt werden können. Als Geldgeber seien die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Bundesbank oder Länderbanken angedacht. Das Ausfallrisiko läge beim Staat. „Wenn es keine länderübergreifende Lösung gibt, gehen wir den Alleingang“, stellte Beuß klar. Neben Geldnot drohen den Studierenden dadurch Hürden für den Studienortswechsel.

Das Mautmodell der Fraktion entspricht dem Favoriten von Senator Dräger, der als „Hamburger Modell“ über die Stadtgrenze bekannt ist. Nur, dass die Fraktion den Studierenden die Zinsen schenkt. Auch hat Beuß den Ehrgeiz, das Darlehen „flächendeckend, jedem, der studieren will“, zu ermöglichen. Drägers Behörde hat für das „Hamburger Modell“ indes errechnet, dass Kredite nur für ein rundes Drittel der heute Eingeschriebenen zur Verfügung stünden – 67 Prozent drohen leer auszugehen. „Die Rechnung ist mir unbekannt“, blockte Beuß die Frage ab, wie er Kredite für alle finanzieren wolle.

Geld für Betreuung

Wie Dräger verspricht auch die Fraktion, dass die Gebühren allein den Hochschulen zugute kommen und zu keiner Absenkung des Wissenschaftsetats führen. Dank der neuen Maut könne der Lehrstättenetat jährlich um einen zweistelligen Millionenbetrag aufgestockt werden, um Betreuung und Einrichtungen zu verbessern: „Das ist ein ordentlicher Schluck aus der Flasche“, so Beuß. Ob im Gegenzug die Abgabe für Langzeitstudierende und Auswärtige sowie die neue Verwaltungsgebühr entfällt, darüber, so Beuß, „habe ich noch nicht nachgedacht“.

Die rot-grüne Opposition lehnt Gebühren fürs Erststudium strikt ab. Wie sie argumentiert, schreckt die Maut Abiturienten ab, von denen mit nur 36 Prozent ohnehin viel zu wenige den Weg an die Unis finden. Die CDU lässt den Einwand nicht gelten und verweist auf Australien, das seit 1989 in etwa praktiziert, was Hamburg plant. Die dortige konstante Studierendenquote „zeigt, dass Gebühren nicht abschrecken“, meinte Beuß.

Unerwähnt lässt er, dass Australien massiv zahlungskräftige ausländische Studierende anwirbt und zugleich das Kreditsystem in bedrohlicher Schieflage ist. Derzeit übersteigen die Kredite die Rückzahlungen um neun Milliarden Dollar. Bis 2007 erwarten Experten sogar eine Lücke von 15 Milliarden Dollar.