: Googeln kommt teuer
Suchen im World Wide Web hat bisher nichts gekostet. Aber jetzt steht die beliebteste Internet-Suchmaschine „Google“ immer öfter vor Gericht, weil sich ihre Anzeigenkunden betrogen fühlen
von RÜDIGER VOSSBERG
Wer heute den Namen des Softwarekonzerns SAP in das Eingabefeld der Internetsuchmaschine „Google“ eintippt, bekommt blitzschnell als Ergebnis die Adresse der Homepage angezeigt. An erster Stelle, nur am rechten Rand des Bildschirms gelten andere Regeln. Dort stehen, hellgrün oder rosa unterlegt, die Anzeigen, mit denen sich die Suchmaschine wenigstens zum Teil finanziert. Ein paar SAP-Dienstleister haben dafür bezahlt, dass ihre Firma mit dem Suchbegriff „SAP“ verknüpft ist.
Eine dieser Anzeigen jedoch fällt aus dem Rahmen. Die Firma „Comsol AG“ preist ein Produkt des Konkurrenten Microsoft an: „Navision statt SAP“ lautet ihre Werbebotschaft. Falls sie auch die Rechtsabteilung von SAP erreicht, steht der deutschen Tochter der kalifornischen Firma „Google“ vermutlich ein weiterer Prozess ins Haus.
Denn die Rechtsanwälte haben Google lieben gelernt. Das Suchwort „Playboy“ zum Beispiel zaubert eine Anzeige des Magazins Penthouse auf den Bildschirm. Dass die Suche nach einem Begriff, der ein Markenname ist, mit der Anzeige eines Konkurrenten belohnt wird, finden heute nicht nur die Rechteinhaber anstößig, sondern auch Gerichte.
Eine französische Kammer hat Google zu einer Strafe von 75.000 Euro verurteilt, weil bei der Eingabe des geschützten Markennamens „Bourse des Vols“ („Flugbörse“) auch Anzeigen von Konkurrenten aufgelistet worden sind. Google hat Widerspruch eingelegt, steht jetzt aber auch in Deutschland vor den Schranken: Das Hamburger Landgericht hat Google.de unter Androhung von 250.000 Euro Strafe oder sechs Monaten Ordnungshaft verboten, Anzeigen für den Begriff „Preispiraten“ zu schalten, wenn deren Link auf die Domain preisserver.de verweist. Die Adresse ist ein offensichtliches Plagiat der Website preispiraten.de: Dieser Prozess wird nicht der letzte sein – und weit schwerer als die Gerichtskosten dürfte der Imageschaden wiegen.
Dabei schien einmal alles so einfach – und umsonst: Suchbegriff in die Eingabemaske getippt und abgeschickt. Auch Rummosern kostete nix, wenn das Ergebnis nicht gleich zack, zack auf dem Monitor erscheint. Hey, Google kennt über drei Milliarden Dokumente auswendig und markiert in wenigen Millisekunden die entsprechenden Textstellen in zehn verschiedenen Ergebnissen gleichzeitig.
Niemand kam auf die Idee, für diese Meisterleistung zu bezahlen. Always online – und natürlich ohne diese grässlichen Werbebanner.
Die vermeidet Google jedoch nur durch die Methode, Suchbegriffe mit Werbung zu verknüpfen. „Adwords“ heißt die etwas dezentere Einnahmequelle. Weltweit über 100.000 Kunden zahlen ein, mindestens 5 Cent pro Wort und Mausklick. Die Preise hängen von der Klickrate ab. Der Begriff „Versicherung“ kostet für eine Platzierung unter den ersten zwei Anzeigen knapp 2 Euro pro Klick.
Viel Geld für wenig Worte. Doch dafür bietet Google seine ganz eigene Art der Hilfe an: Zwar darf jeder Werbetreibende seine Anzeigen selbst formulieren. Aber das „keyword suggestion tool“ schlägt auch schon mal Begriffe vor, die eindeutig als Markennamen geschützt sind. Ausschlaggebend für die Schaltung einer Anzeige sei dennoch nur die „Relevanz zwischen dem Anzeigentext und dem Inhalt der verknüpften Website“, sagt Birgit Pahl, Adword-Managerin von Google Deutschland. Markenrechte werden nicht geprüft. Wenn sich Rechteinhaber beschwerten, werde die betreffende Anzeige „selbstverständlich gelöscht“.
Nur ist der Schaden dann schon eingetreten. Entlastung könnte vielleicht ein neues Grundsatzurteil bringen, das sich an eine zwei Jahre alte Entscheidung des Bundesgerichtshofs anschließt. Der BGH befand, die Vergabe von Internetdomains mit der Endung „.de“ liege „im öffentlichen Interesse“, daher sei die Vergabestelle „Denic“ nicht verpflichtet, „in jedem Fall, in dem ein Dritter eigene Rechte geltend macht, in eine rechtliche Prüfung einzutreten“. Sie könne ihre Aufgabe sonst nicht „effizient“ erfüllen.
So weit der BGH. Ob aber er oder irgendein Gericht der Welt nun auch die Suche nach Informationen als „öffentliche Aufgabe“ anerkennt, für die dubiose Finanzierungsmethoden hinzunehmen seien, ist sehr zweifelhaft. Was also dann? Allein aus den Einnahmen der Adwords wird sich die Suchmaschine auf Dauer nicht finanzieren lassen.
Eine Lastschrift per Keyword für den globalen User? Eher nicht. Suchen im Abonnement? Schon wahrscheinlicher. 1.000-mal googeln für nur 9,99 Euro: An diese Werbung werden wir uns wohl gewöhnen müssen.