: Die Preußen sind wieder schuld
In Köln hat diese Saison bereits der siebte Weihnachtsmarkt geöffnet. Die Tradition ist hier jünger als in den meisten anderen deutschen Städten – und preußischen Ursprungs. Teil 1 der taz-Advent-Serie
Von Nicole Klemp und Bruno Knopp
Alle Jahre wieder... lachen uns Edelstahltöpfe und Handytaschen neben dem Glühweinstand an. Direkt nach Totensonntag laden in Köln sieben Weihnachtsmärkte zum besinnlichen Konsumieren. Wie alt ist dieser Brauch in Köln, vor dem Fest Märkte zu organisieren? Und seit wann können in Köln „Pap un Mam mim Titti“ (Bläck Fööss) in der City auf den Weihnachtsmarkt gehen?
Im erzkatholischen Köln begann die Geschäftigkeit vor dem 24. Dezember mit den protestantischen Preußen. Die brachten zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihre Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmärkte mit ins Rheinland. Bis dato hatte es in Kölns katholischen Haushalten nur um den Tag des heiligen Nikolaus am 6. Dezember Bescherungen und Feierlichkeiten gegeben.
Die Protestanten, beginnend mit dem Reformator Martin Luther, versuchten schon seit dem 16. Jahrhundert, Nikolaus im Rahmen ihrer Heiligenkritik als Gabenbringer zu verdrängen und durch das Christkind zu ersetzen. Viele deutsche Städte verwandelten ihre Nikolausmärkte in Weihnachtsmärkte.
In Köln brauchte man etwas länger als anderswo, um den Reiz der Weihnachtsmärkte zu würdigen. Dresden richtete bereits im Jahre 1434 mit seinem „Striezelmarkt“ einen Weihnachtsmarkt aus. Eine Frühform des berühmten Nürnberger Christkindlesmarktes gab es bereits im Jahre 1697. Den Kölnern verordnete die preußische Besatzungsmacht dann 1820 einen eigenen Weihnachtsmarkt.
Als Gegenstück zur traditionellen Ostermesse wurde von da an jedes Jahr vom 1. Dezember bis zum 1. Januar auf dem Alter Markt, später auf dem Heumarkt der zunächst noch mit „Nicolaimarkt“ betitelte weihnachtliche Markt abgehalten. Mit strikten Auflagen: Ausschließlich Ortsansässige durften nichts anderes als Spielwaren und Speisen anbieten. Alkohol und Kurzwaren waren zunächst verpönt.
Doch das änderte sich bald. Die weihnachtliche Ausrichtung der Veranstaltung ging zusehends verloren. Hinzu kam, dass der Markt mit seinen zahlreichen Schaubuden erheblichen Raum beanspruchte, der auf dem Heumarkt wegen des zunehmenden Verkehrs nicht mehr zur Verfügung stand. Das alles veranlasste die Stadtverordnetenversammlung am 19. Februar 1885 zu dem Beschluss, den Weihnachtsmarkt in der Kölner Altstadt bis auf weiteres aufzuheben. Erst 1970 sollte es wieder einen Weihnachtsmarkt in Köln geben. Den veranstaltete der „Bezirksverband des ambulanten Marktgewerbes“ auf dem Neumarkt. Die Händler tarnten damals ihre Marktstände mit Tannengrün. Die Stadt hatte die Genehmigung kurzfristig erteilt und so blieb keine Zeit, jahresendzeitliche Buden zu beschaffen.
Die Kölner nahmen die wiederaufgenommene Attraktion trotz der organisatorischen Mängel dankend an. Daraufhin gründeten die Betreiber die Kölner Weihnachtsmarkt eG, die seit 1977 ebenfalls den Markt auf dem Alter Markt ausrichtet.
Konkurrenz bekam der Veranstalter erst 1994, als der Magistrat einen Wettbewerb für einen neuen Weihnachtsmarkt vor dem Dom ausschrieb. Die Designer Katja Schüre und Randolf Schürmann lasen davon zufällig in einer Architekturzeitung. Kurz entschlossen reichten sie ihr Konzept ein. Heute leiten die beiden im zehnten Jahr den inzwischen meistbesuchten Weihnachtsmarkt in Köln.
1997 eröffnete dann der Verband Kölner Schausteller seinen Märchen-Weihnachtsmarkt auf dem Rudolfplatz. Kölns fünfter Markt zum Fest der rieselnden Fichten war geboren, als das Kölner Schokoladenmuseum auf privatem Grund mit Partnern im Jahr 2000 den beschaulichen Mittelalter-Weihnachtsmarkt eröffnete.
Die Qualität der Kölner Märkte ist durch den Konkurrenzdruck gestiegen. Alle Veranstalter möchten zusätzlich etwas Besonderes bieten, zum Vorteil der Besucher: So werben die Weihnachtsmarkt-Macher auf der MS Wappen von Mainz seit 2001 auch mit dem schönen Blick vom Rhein auf Kölns Kulisse. In diesem Jahr eröffnete mit dem „Düxer Advent“ auf der Deutzer Freiheit bereits Kölns siebter Weihnachtsmarkt. Hätten die Preußen das 1885 gedacht?