: Der Bär bewegt sich doch
Die Berliner Wirtschaft kommt langsam wieder in Fahrt. Beim Wachstum bleibt die Hauptstadt aber im bundesweiten Vergleich Schlusslicht. Auf dem Arbeitsmarkt ist von Erholung wenig zu spüren
VON RICHARD ROTHER
Licht am Ende des Tunnels. So sehen es jedenfalls die Konjunkturexperten aus dem Hause von Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). „Die Berliner Wirtschaft beginnt sich von der mehrjährigen deutlichen Schwächephase langsam zu erholen“, heißt es im gestern veröffentlichten Bericht zur wirtschaftlichen Lage im dritten Quartal dieses Jahres.
Hauptmotor der Entwicklung ist die exportorientierte Industrie. Nach langen Jahren des Arbeitsplatzabbaus und der Umstrukturierung weisen Auftragseingänge und Umsätze jetzt nach oben. Die in diesem Bereich übrig gebliebenen Arbeitsplätze „sind weltweit wettbewerbsfähig“, sagt der Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung, Christoph Lang. Das zeigten Unternehmensentscheidungen, die Produktion am Standort Berlin auszuweiten und neue Beschäftigte einzustellen, etwa bei Berlin Chemie oder DaimlerChrysler.
Positiv entwickeln sich auch die unternehmensnahen Dienstleistungen. Außerdem profitiert Berlin von den vielen Touristen, und sogar im Einzelhandel gab es positive Signale. Schlechte Stimmung herrscht dagegen im Handwerk und auf dem Bau.
Hauptschwachpunkt der Wirtschaftsentwicklung bleibt die Binnennachfrage, die in Berlin einen größeren Raum einnimmt als im Bundesdurchschnitt. Angesichts der Arbeitslosigkeit, der reformverunsicherten Verbraucher und des anhaltenden Sparkurses überrascht die schwache Binnennachfrage aber kaum.
Insgesamt stieg das Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr um 0,8 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum, bundesweit betrug das Wachstum 1,8 Prozent. Gemeinsam mit Brandenburg nimmt Berlin damit im Ländervergleich den letzten Platz beim Wachstum ein. Die stärksten Zuwächse erreichten Bayern und Sachsen mit jeweils 2,3 Prozent.
Auf dem Arbeitsmarkt ist die leichte Erholung der Berliner Wirtschaft noch nicht zu spüren. Zwar sank die Zahl der Arbeitslosen im Oktober. Ursache dafür ist aber nicht, dass mehr Menschen einen Job gefunden haben, sondern dass mehr Menschen aus der Statistik gefallen sind: etwa weil sie eine Ich-AG gegründet haben oder in so genannten Trainingsmaßnahmen stecken. Nach wie vor sinkt die Beschäftigungsrate in Berlin.
Dies dürfte sich erst in einem deutlichen Aufschwung ändern. „Nur wenn die Erholung in Deutschland auch die Binnenkonjunktur erfasst, kann sich in Berlin eine nachhaltige Belebung der Wirtschaftstätigkeit durchsetzen“, heißt es im Quartalsbericht. Erschwert werde dies durch hohe Preise für Rohöl und Industrierohstoffe. Zudem dämpfe ein starker Euro die Exportaussichten.