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Archiv-Artikel

„Die ARD würde passen“

Kay Sokolowsky hat über die „Methode Harald Schmidt“ geforscht und ein Buch geschrieben.Dass der Entertainer tatsächlich komplett vom Bildschirm abtritt, will er noch nicht glauben

INTERVIEW STEFAN KUZMANY

taz: Herr Sokolowsky, Schmidt hat seinen Rückzug damit begründet, dass er eine kreative Pause brauche. Ist das ein Witz?

Kay Sokolowsky: Das ist nur eine Floskel. Letzte Woche habe ich mal wieder alle Shows gesehen: Er war die ganze Zeit bestens drauf, hatte auch hübsche Showeinfälle. Nein, ich glaube, diese kreative Pause kann er sich gerne nehmen – aber er hat sie nicht nötig.

Was genau macht Harald Schmidt in seiner Show?

Zuletzt hat er sein kleines Schmidt’sches Privattheater aufgeführt. Oder das große Schmidt’sche Welttheater, aufgeführt mit lauter Laiendarstellern und einem einzigen Profi – ihm selbst. Und er hat sich einen Teufel darum gekümmert, wie sonst Comedy im Fernsehen gemacht wird. Seine Art von Komik hat er in das denkbar beste Gerüst gepackt. Er als großer Patriarch, der in der Mitte sitzt, und um ihn herum sind seine Bewunderer und Helfer. Es war nicht vorhersehbar, was er tut, weil alles zugeschnitten war auf sein Improvisationstalent. So etwas ist sonst im deutschen Fernsehen nicht erlaubt. Das darf sonst keiner.

Sie bezeichnen Harald Schmidt in Ihrem Buch als einzigen würdigen Nachfolger der Neuen Frankfurter Schule. Ist die hiermit gestorben?

Wenn er denn weg ist, ja. Aber ich glaube noch nicht daran, dass er komplett weg ist, dass er ganz vom Bildschirm abtritt. Es haben zu viele Senderchefs anderer Anstalten gesagt, dass sie es sehr interessant fänden, mit Harald Schmidt zusammenzuarbeiten.

Was ist Sat.1 ohne Schmidt?

Wieder der langweilige Sender, der er vorher gewesen ist.

Konnten Sat.1 und Harald Schmidt überhaupt zusammenkommen? Waren das nicht zwei Welten?

Dieses Gefühl hatte ich bei Sat.1 und Schmidt schon ganz lange. Aber sie haben ihn in Ruhe gelassen. Bisher war die Ansage von Sat.1, dass er weitermachen kann, solange er Sat.1 keine Verluste bringt. Solange kann er machen, was er will. Das war die einzige Bedingung. Ansonsten haben sie sich gefreut, dass sie mit ihm wenigstens einen renommierten Fernsehstar hatten. Einen, der jedes Jahr mindestens einen Preis einsackt. Aber er hatte keine Gewinnverpflichtung. Das Ende ist insofern verwunderlich, weil er in diesem Jahr mit seiner Show so erfolgreich war wie nie zuvor. Deshalb haben sie ihn ja auch auf fünf Tage verpflichtet. Er hatte ein werbeattraktives Umfeld geschaffen und dem Sender sogar ein bisschen Geld eingebracht.

Gibt es einen Sender, zu dem er passen würde?

Es gibt zwei. Die ARD, wenn er dort eine Sendeanstalt findet, wo die Redakteure ihm nicht reinlabern. Das kann er ja überhaupt nicht ab. Wo er völlige Freiheit hat, mindestens solche Freiheiten wie bei „Schmidteinander“. Oder Arte. Aber Arte ist eher etwas für sein Altenteil.

Was machen Sie jetzt mit Ihren Abenden?

Ich habe für das Harald-Schmidt-Buch sehr viele Shows aufgenommen. Die kann ich mir ja noch mal ansehen.

Kay Sokolowsky lebt als Journalist und Schmidt-Experte in Hamburg