: Multi-Kulti-Partei will 10 Prozent
Bei der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Dortmund profilierten sich viele KandidatInnen mit dem Thema Integration. Regierungsmitglieder Höhn und Vesper auf vordersten Listenplätzen
AUS DORTMUNDNATALIE WIESMANN
Unter der Führung der LandesministerInnen Bärbel Höhn und Michael Vesper peilen die NRW-Grünen bei der kommenden Landtagswahl im Mai ein Wahlergebnis von 10 Prozent an. Und sie wollen Multi-Kulti-Partei bleiben. Auch wenn die Debatte um Einwanderung und Integration keine vorrangig landespolitische ist: Sie diente auf der Dortmunder Landesdelegiertenkonferenz am Wochenende zur Abgrenzung gegen die anderen Parteien.
„Wer ausgrenzt und polarisiert, wie die CDU/CSU es mal wieder macht, verschärft das Problem und löst es nicht“, sagt Umweltministerin und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Bärbel Höhn. Bauminister Michael Vesper verurteilte in seiner Bewerbungsrede den Generalangriff, der von Politik und Medien gegen Zuwanderer, Integration und hier lebende Muslime gefahren werde. „Ich frage Jürgen Rüttgers: Wollen sie diesen Kulturkampf, zu dem die CSU aufgerufen hat?“
Auch gegen die jüngsten Aussagen des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) grenzen sich die Grünen deutlich ab: Es sei kein Fehler gewesen, Gastarbeiter nach Deutschland zu holen, so die Bundesvorsitzende Claudia Roth, in ihrer Unterstützungsrede. „Der Fehler ist, dass Viele bis heute nicht erkannt haben, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist“, sagt sie.
Das Einwanderungsland spiegelt sich jedoch auch nicht auf der Landesliste der NRW-Grünen wider: Auf einen aussichtsreichen Platz schaffte es keiner der fünf Bewerber mit Migrationshintergrund. Die Kandidaten mussten sich anhören, sie hätten aufgrund der schlechten Erfahrungen mit dem Ex-Grünen Jamal Karsli keine Chance. Gegenüber der taz lautete die Begründung, die Kandidaten nicht-deutscher Herkunft hätten sich nicht ausreichend landespolitisch engagiert.
Roth, deren Besuch in Dortmund wegen ihrer früheren Tätigkeit bei den städtischen Bühnen „warme und heimatliche Gefühle auslöst“ hält ihre Partei in NRW für „richtig gut aufgestellt“. Bei der Wahl im Jahr 2000 waren die Grünen mit 7,1 Prozent hinter die FDP zurückgefallen, die damals auf 9,8 Prozent gekommen war. „Wir kämpfen in NRW für ein zweistelliges Ergebnis“, sagt auch die grüne Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller der taz.
Bei einem Wahlergebnis von 10 Prozent stünden den Grünen im verkleinerten Landtag etwa 20 Sitze zur Verfügung. Die Besetzung der ersten Listenplätze am Samstag verlief nach Plan: Höhn mit über 96,5 Prozent der Stimmen gewählt auf Platz ein gewählt. Vesper hatte auf Platz zwei nicht ganz so viel Zuspruch, er wurde mit nur mit 73,7 Stimmen gewählt. Höhn und Vesper haben bereits bei den vergangenen drei Landtagswahlen die Listen der Grünen angeführt. Bei einer erneuten Regierungsbeteiligung der Grünen würden diese wegen der vereinbarten Trennung von Amt und Mandat ihren Platz abgegeben müssen. „Darüber wird bestimmt wieder heftig diskutiert“, sagt Grünen-Sprecher Michael Ortmanns.
Sicher war auch die Wahl der Plätze zwei bis sechs: Der Bewerbung der Fraktionsvorsitzenden Sylvia Löhrmann und ihrer Stellvertreter Reiner Priggen und Barbara Steffens sowie des parlamentarischen Geschäftsführers Johannes Remmel auf die folgenden Plätze stellte sich kein Konkurrent in den Weg.
Erst bei den darauf folgenden Listenplätzen wurde es spannender: Bei der Besetzung des siebten Listenrangs schafften weder die grüne Landtags-Vizepräsidentin und Finanz-Expertin Edith Müller noch die hochschulpolitische Fraktionssprecherin Ruth Seidel in drei Wahlgängen die absolute Mehrheit. Bei der Wiedereröffnung des Wahlgangs setzte sich die relativ unbekannte Bewerberin Sigrid Beer aus Paderborn gegen Müller durch, die dann erst auf Platz 15 landete.
Der Platz des wohnungspolitischen Sprechers der Fraktion, Thomas Rommelspacher im Landtag ist wackelig: Im Kampf um den Platz 10 verlor er gegen seinen Konkurrenten Rüdiger Sagel und schaffte es dann nur auf den Platz 20. Der Münsteraner Sagel bedankte sich für seine Wahl übrigens mit der Aussage: „Ich werde es euch zurückzahlen“.