Verhört mit Todesdrohung

Schweriner Polizist soll einem Verdächtigen mit Erschießung gedroht haben. Oskar Lafontaine fordert Freispruch im Nötigungsverfahren gegen Frankfurts Polizeivize

BERLIN dpa/taz ■ Nach den Gewaltandrohungen des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner gibt es möglicherweise einen ähnlichen Fall in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Schweriner Polizist soll einem Verdächtigen bei der Vernehmung mit Erschießung gedroht haben. Der psychisch kranke Mann war Anfang November wegen der Ermordung der 7-jährigen Sarah zu 13 Jahren Haft verurteilt worden.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Gottfried Timm sicherte gestern schnelle Aufklärung zu. Folter und Gewaltandrohungen seien in einem Rechtsstaat ausgeschlossen, sagte er bei NDR 1. Timm will die Gerichtsprotokolle prüfen lassen. Die Staatsanwaltschaft untersucht den Vorwurf in einem Vorermittlungsverfahren. Der Verurteilte solle zunächst im Gefängnis erneut gehört werden.

Der Sender zitierte Verteidiger Matthias Macht, wonach sein Mandant die Angaben schon Mitte Oktober in seinem Prozess gemacht hatte. Danach soll der Polizist nach der Festnahme „Ich knall dich ab“ gesagt haben, um das Versteck Sarahs zu erfahren. Einer der Vernehmungsbeamten hatte dagegen vor Gericht erklärt, der 21-Jährige habe von allein und plötzlich gesagt, dass das Mädchen in einer Liege sei.

Derweil forderte Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine in der Bild am Sonntag einen Freispruch Daschners. Der frühere Polizeivize muss sich mit dem von ihm beauftragten Vernehmungsbeamten vor dem Landgericht Frankfurt wegen schwerer Nötigung verantworten. Der verurteilte Mörder des entführten Jakob von Metzler hatte angegeben, ihm sei mit Folter gedroht worden. „In diesem Fall war die Verpflichtung des Rechtsstaats, das Opfer zu retten, vorrangig. Das Leben des Kindes ist wichtiger als die Unversehrtheit des Täters“, meinte Lafontaine. Daschner habe richtig gehandelt. Wenn es der Zeitablauf zugelassen hätte, wäre es nach Lafontaines Auffassung auch vertretbar gewesen, den Entführer hungern und dursten zu lassen. So wäre deutlich geworden, das sein Leben gegen das des unversorgten Opfers stehe. Dagegen sprach sich der Münchner Anwalt Werner Leitner für eine Verurteilung Daschners aus. Die Folter sei weltweit geächtet und stehe nicht zur Disposition eines einzelnen Beamten, schrieb der Vorsitzende der AG Strafrecht im Deutschen Anwaltsverein. Wer anfange, über Folter zu diskutieren und sie im Einzelfall „für einen guten Zweck“ zu erlauben, entferne sich so weit vom Rechtsstaat, dass er womöglich nicht mehr zurückfinde.