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Archiv-Artikel

Hessen-Union lässt Irmer im Amt

CDU-Fraktion im Landtag steht zum „Hetzer von Wetzlar“. Auch Ministerpräsident Koch schweigt weiter zu Angriffen des CDU-Rechtsauslegers auf Grünen-Politiker Al-Wazir

WIESBADEN taz ■ Immer wieder rasten hessische CDU-Parlamentarier, die dem rechten Flügel der Partei angehören, öffentlich aus. Zuletzt der Landtagsabgeordnete Frank Gotthardt. Es passierte ausgerechnet in der Debatte um den Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Irmer (CDU), der in seiner Heimatstadt das Anzeigenblatt Wetzlar Kurier herausgibt.

In diesem Blatt, so die Abgeordnete Sarah Sorge (Grüne), seien wiederholt „Minderheiten diskriminiert und ausländerfeindliche Äußerungen verbreitet“ worden. Gotthardt beschuldigte den Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir, „selbst schuld“ zu sein an den rechtsradikalen Drohbriefen, die der Grüne seit einiger Zeit erhält. Die Politik der Grünen provoziere schließlich solche Reaktionen. Von dem Landtagsabgeordneten Clemens Reif (CDU) war Al-Wazir, dessen Vater aus Jemen stammt, schon einmal als „ein Student aus Sanaa“ verunglimpft worden.

Dass bei der CDU im Lande Hessen etwas nicht stimme, meinen dagegen Grüne und Sozialdemokraten. Schon nach dem Eklat um die antisemitischen Äußerungen des christdemokratischen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus Hessen habe Koch von CDU-Chefin Angela Merkel erst „zum Jagen getragen“ werden müssen, kritisierte Gernot Grumbach (SPD). Und auf das Treiben seines Parteifreundes Irmer, der auch Vizechef der Unionsfraktion ist, habe der Ministerpräsident bis heute nicht reagiert.

Gestern hätten Koch und die Fraktion dazu erneut Gelegenheit gehabt. Doch Koch war als Zeuge im Prozess gegen Parteifreund Manfred Kanther geladen. Und die Fraktion konnte sich zu keiner Strafaktion durchringen. Irmer darf alle Ämter behalten. Dass „solche Äußerungen in Zukunft unterbleiben“ sollen, sei allerdings Konsens gewesen, sagte Fraktionschef Franz-Josef Jung nach einer „offenen Aussprache“ in der Fraktion. Die „Ermahnung“ gelte für „alle Abgeordneten“. Mehr sei dazu nicht zu sagen, so Jung.

Dabei ist das, was in Irmers Wetzlar Kurier steht, auch für einige Christdemokraten „eigentlich eine Zumutung“, wie hinter vorgehaltener Hand gesagt wird. Doch im Landtag verfügt die Union nur über die hauchdünne absolute Mehrheit von einer Stimme. Irmer wird also gebraucht.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT