Familie zum Knutschen

DUMONT Hinter den Kulissen des Verlegerclans geht’s munter zu. Neuer Chefredakteur für die „Berliner Zeitung“ nächste Woche

AUS BERLIN STEFFEN GRIMBERG

Man solle alles vergessen, was mit Logik zu tun habe, damit käme man in Köln nicht so weit, hatte ein kluger Kopf geraten. Tatsächlich bereitet die Analyse des aktuellen Kräfteparallelogramms bei Deutschlands drittgrößtem Zeitungshaus M. DuMont-Schauberg (MDS) einige Schwierigkeiten.

Wie in Teilen der Auflage bereits gemeldet, wird Franz Sommerfeld, bislang Chefredakteur beim Kölner Stadtanzeiger, neuer Vorstand mit Zuständigkeit für den Bereich Redaktion. Damit kommt ihm offenbar eine Schlüsselrolle bei der geplanten „Verzahnung“ der DuMont-Titel in Köln, Halle (Mitteldeutsche Zeitung), Frankfurter Rundschau (FR) und Berliner Zeitung zu.

In Berlin, so viel ist jetzt auch amtlich, bleibt Brigitte Fehrle stellvertretende Chefredakteurin. Die Entscheidung über den „neuen Chefredakteur“ (ausdrücklich männlich) falle kommende Woche, erklärten Konstantin Neven DuMont, Sohn von Verlagspatriarch Alfred Neven DuMont, Sommerfeld und Mitverleger Helmut Heinen gestern der Redaktion.

Heinen, der über die Kölnische Rundschau mit MDS verwoben ist, hatte gemeinsam mit MDS im Januar den Berliner Verlag vom britischen Finanzinvestor David Montgomery gekauft. Er gilt als Abgesandter von Verlagspatriarch Alfred im publizistischen Beirat für die Berliner Zeitung – denn der 82-Jährige scheue sich immer noch, die Geschäfte ganz in die Hände seines Sohnes Konstantin (39) zu legen.

Der hat nun offenbar auf seine Weise reagiert: Die Personalie Sommerfeld soll auf ihn und den zweiten Verlagsjunior Christian DuMont Schütte (52) zurückgehen, dessen Familie Miteigentümer bei MDS ist. Franz Sommerfeld verdrängt nämlich Peter Pauls.

Der nannte sich bislang „Beauftragter der Herausgeber“ und schwebte im Range eines Chefredakteurs über den DuMont-Titeln, galt aber stets als alleiniger Adlatus von Alfred Neven DuMont. Pauls wird jetzt Chefredakteur beim Kölner Stadtanzeiger, soll sich aber nicht gerade um diesen Job gedrängt haben. Ob die „Jungen“ hier tatsächlich den „Alten“ ein wenig in die Schranken weisen, wird sich wohl auch daran zeigen, ob Pauls alte Position als „Beauftragter“ überhaupt noch mal neu besetzt wird.

Bleibt abzuwarten, wer nun endgültig mit der Chefredaktion in Frankfurt und Berlin betraut wird: Uwe Vorkötter soll nach taz-Informatinen wieder von der FR zur Berliner Zeitung wechseln, wo er den Job schon bis zum Verkauf des Blattes an Montgomerys Mecom-Holding 2006 innehatte. Die Nachfolge in Frankfurt scheint weiterhin offen. Allerdings rechnen Insider mit einer Inhouse-Lösung. Denn Franz Sommerfeld, dem ebenfalls Ambitionen auf den Job in Frankfurt nachgesagt wurden, sei am Widerstand der Redaktion und der DDVG gescheitert. Die SPD-Presseholding hält 40 Prozent der FR-Anteile, MDS 50 Prozent.

In der gestrigen Redaktionsversammlung gaben sich alle Herren kommod: Alle Titel sollen ihre Identität behalten und von eigenständigen Chefredaktionen geführt werden. Alle Synergiemaßnahmen sollten nicht nur zu Sparzwecken dienen, „sondern in erster Linie der Qualitätssicherung und -steigerung“, berichteten Teilnehmer. Sommerfeld habe sich eher zurückgehalten, Mitverleger Heinen bekannte sich dafür ausdrücklich zum Redaktionsstatut der Berliner Zeitung.

Der aufgeklärte Absolutismus kölscher Prägung hält so weiter Berliner Verlag wie die FR in Atem: „Was sie wirklich vorhaben, weiß hier keiner“, sagt ein Mitarbeiter.