: Bleiben kann, wer weiß, dass er es darf
Viele Migranten wissen nicht, dass sie ein Recht auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben. Vor allem Empfänger von Arbeitslosenhilfe sollten bis 31. Dezember einen Antrag stellen – bevor das neue Zuwanderungsgesetz kommt
Migranten, die derzeit Arbeitslosenhilfe empfangen und noch bis Ende des Jahres Anspruch darauf haben, sollten schnellstmöglich einen Antrag auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis stellen, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Darauf weist der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) zusammen mit den Gewerkschaften IG Metall und Ver.di hin.
Ab 1. Januar kommenden Jahres wird mit dem In-Kraft-Treten des neuen Zuwanderungsgesetzes und von Hartz IV die Chance auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für diese Migranten, die dann Alg-II-Empfänger sein werden, deutlich geringer. Das neue Zuwanderungsgesetz setzt die wirtschaftlichen Ansprüche an „Niederlassungsberechtigte“ höher an.
Auf etwa 4.000 bis 5.000 schätzt der TBB die Zahl arbeitsloser türkischer Migranten in Berlin, die hier mit befristeter Aufenthaltserlaubnis leben, nach dem in diesem Jahr noch geltenden Recht aber Anspruch auf Daueraufenthalt hätten. Die meisten von ihnen wüssten nichts davon, weil sie schlecht informiert seien. Der Anspruch besteht für alle Migranten, die seit mehr als fünf Jahren mit Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, Deutsch sprechen, Wohnraum nachweisen können, eine Arbeitserlaubnis haben und gegen die kein Ausweisungsgrund vorliegt.
TBB, IG Metall und Ver.di fordern dringend dazu auf, den Antrag bis spätestens 31. Dezember zu stellen. Dazu starten sie eine „Kampagne für eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis“. 10.000 Flyer sollen in Betrieben, Moscheen und auf zentralen Plätzen verteilt werden. „Stelle sofort einen Antrag“, steht darauf. „Die Zeit drängt“, bekräftigt TBB-Sprecher Safter Çinar und gibt zu, dass die Kampagne schon nach den Sommerferien hätte losgehen sollen. Dass bisher viele Berechtigte noch keinen Antrag auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis gestellt hätten, läge nicht nur an den fehlenden Informationen über ihr Recht, glaubt Markus Plagmann vom IG-Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. Er vermutet auch eine emotionale Hemmschwelle: „Wer sich nicht willkommen fühlt, der will vielleicht auch nicht dauerhaft hier leben, fragt sich also, warum er einen solchen Antrag stellen soll.“ Die künftigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger müssten jedoch mit Komplikationen bei den Verlängerungen ihrer befristeten Aufenthaltserlaubnisse rechnen.
Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis geht ab 1. Januar 2005 direkt in die dann so genannte Niederlassungserlaubnis über, deren Geltungsdauer auch nachträglich nicht befristet werden kann. Entscheidungen der Ausländerbehörden über Anträge aus diesem Jahr gelten, auch wenn sie erst im nächsten Jahr getroffen werden. Die Behörde hätte schon lange offensiver werden und Betroffene darauf hinweisen können, wenn sie die Voraussetzungen für eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erfüllen, meint Safter Çinar: „Das fordern wir seit Jahren.“
JULIANE GRINGER