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Archiv-Artikel

Sauber wie das Lotusblatt

Wäre es nicht schön, nie wieder Geschirr zu spülen oder Wäsche zu waschen? Das Rezept: der „Lotus-Effekt“! Er ist der berühmteste Fall der Bionik. Dabei blieb das Potenzial des „sauberen Blattes“ zunächst gänzlich unerkannt. Der Bonner Botanikprofessor Wilhelm Barthlott entdeckte unter seinem Rasterelektronenmikroskop auf Kohlblättern, Kapuzinerkresse und dem namengebenden Lotus winzige Erhebungen. Doch interessierten ihn damals vor allem die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Pflanzen. So kümmerte ihn wenig, was ihm bereits aufgefallen war: Blätter mit glatter Oberfläche waren schmutziger als diejenigen mit rauen Strukturen.

Erst zwölf Jahre später ging der Wissenschaftler diesem Phänomen noch einmal nach – und erkannte: Die Lotusblume duldet keinen Wassertropfen, nicht einmal klebrigen Honig auf ihrer Oberfläche. Kleine Wachskristalle auf dem Blatt sorgen für eine genoppte Struktur, sie stört die Anziehungskräfte zwischen Schmutz und Pflanze gewaltig. Der Regen nimmt den Dreck einfach mit. Mittlerweile ahmen den „Lotuseffekt“ zum Beispiel Hersteller von Dachziegeln oder Farben nach. Wer sie nutzt, muss seine Fassaden nicht alle zehn Jahre streichen. Gegen hartnäckiges Graffiti hilft allerdings auch das nicht. Und das Lotusauto, welches sich die Experten zunächst erhofften, bleibt wohl auf weiteres eine Vision. Der raue Hygieneanstrich würde den Lack matt machen. Des deutschen „liebstes Spielzeug“ ohne Glanz? Wer will das schon. LISA SCHULZE