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Archiv-Artikel

fußpflege unter der grasnarbe Blaugelbe Weihnacht: Warum Braunschweig aufsteigen muss

Kinder haben es gern bunt, und Erwachsene lieben Kindheitserinnerungen. Deshalb wünsche ich mir vom Christkind, dass Braunschweig nächstes Jahr wieder in die Zweite Liga zurückkehrt.

Meine Eltern hatten einen Gasthof im oberösterreichischen Dorf Sattledt, einen großen Fernseher, der im Speisesaal stand, und eine ordentliche Dachantenne. Ein durchschnittlicher Fernsehsamstag begann im Winter mit einem Abfahrtslauf oder, noch besser, mit einem Weltcupriesentorlauf. Ganz oben stand in solchen Fällen stets mein heimlicher Held, Ingemar Stenmark. Der elegante Stil des Schweden und seine verschlafenen ersten Läufe beeindruckten mich genauso wie seine entfesselten Aufholjagden im zweiten Durchgang. Am schönsten aber war sein blaugelber Skianzug.

Nachmittags gab ich mich der TV-Geschichte von „Karlsson vom Dach“ hin. Meine Kindheit war dennoch nur im Winter eine glückliche. Während der Fußballsaison tauchten immer irgendwelche Wirtshausgäste auf, just sobald Karlsson seinen Propeller anwarf. Wenn die Gäste Sportschau sehen wollten, mussten wir Kinder zurückstecken, also auf ARD umschalten.

Meine Ohnmachtsgefühle schlugen in Wut um, wenn die Unterdrückung durch die Erwachsenen schon zur Tagesschau begann, während Karlsson im ORF noch seine Kunststücke aufführte. Die Sportschau konnte mich einigermaßen beruhigen, denn da gab es meine Namensvettern Fischer und Allofs zu bestaunen, statt Willy Brandt.

Spätestens nach dem dritten Spielbericht wurde ich aber nervös, denn im ORF musste jeden Moment die Sendung zur heimischen Fußballliga beginnen. Nie konnte ich verstehen, dass Leute wie der Pernegger Fredl, seines Zeichens Stürmerstar unseres Dorfvereins, lieber den in langweiligem Weiß antretenden HSV gegen die roten Bayern sehen wollte als die Austria in schickem Violett gegen die Admira, die gar in Orange antrat.

Ich hasste unser Wirtshaus mit seiner leistungsstarken Fernsehantenne und wollte einfach nur ein normales Kind sein – mit zwei österreichischen Fernsehsendern und sonst gar nichts. Eine einzige deutsche Mannschaft war in der Lage mich zu trösten: Braunschweig, das war Fußball! Wenn die spielten, war alles nur noch blau und gelb. Da konnten höchstens noch die seltenen Auftritte der sympathischen Torhüterlegende Ronnie Hellström und seiner Kollegen im hübschen Dress der schwedischen Nationalmannschaft mithalten.

Ein Vierteljahrhundert später sehe ich die Fußballwelt mit anderen Augen. Ich hasse das schwedische Nationalteam mit seinem ungemütlichen Fußball, und ich kann die Erste und Zweite deutsche Liga im Fernsehen sehen, ohne auf die österreichische Kickerei verzichten zu müssen. Das Einzige, was mir abgeht, sind die blaugelben Trikots aus Braunschweig. Wenigstens drei, vier Mal im Jahr möchte ich daheim in Wien DSF einschalten. Dann kann ich wieder Kind sein.